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N2025 Nürnberg 2025
KULTURHAUPTSTADT EUROPAS - KANDIDAT

Past Forward

Humans of Nürnberg

 

Bunt, vielfältig und doch einzigartig - Das sind die Menschen in Nürnberg! Regelmäßig erzählen wir in unserer Reihe #humansofnürnberg eine persönliche Geschichte.

“Neue Blick­win­kel, Cross­over-For­ma­te, Ver­net­zung – Zusam­men­brin­gen, was bis­lang nicht zusam­men­ge­hör­te, das ist es, was mich umtreibt und antreibt. Seit über 25 Jah­ren für den Schau­stel­ler­ver­band, als Nürn­ber­ge­rin schon seit 60 Jah­ren! Was mich fit hält? Neue Bekannt­schaf­ten zu schlie­ßen, neue The­men zu ent­de­cken, neue Ideen zu fin­den, bei denen die Leu­te oft erst­mal sagen: Du spinnst doch! Aber sind es nicht die spin­ner­ten Ideen, die uns wei­ter­brin­gen, das Aus­pro­bie­ren, Aus­lo­ten von Gren­zen? Ein Volks­fest mit Schau­stel­lern und Fahr­ge­schäf­ten auf dem Nürn­ber­ger Aller­hei­ligs­ten wäre undenk­bar gewe­sen bis vor ein paar Wochen, aber es gehört zu unse­rem Leben, fle­xi­bel mit Situa­tio­nen umge­hen zu kön­nen, wand­lungs­fä­hig, krea­tiv zu blei­ben und Chan­cen nut­zen. Und die Kri­se ermög­licht uns bei allem Scha­den, den sie uns zufügt, doch auch Mög­lich­kei­ten zur Wei­ter­ent­wick­lung. Kri­ti­ker? Gibt es immer, darf und soll es geben. Mit Neid bin ich weni­ger ein­ver­stan­den. Natür­lich bin ich in der pri­vi­le­gier­ten Posi­ti­on, Job und Pri­vat­le­ben auf so berei­chern­de Art mit­ein­an­der ver­mi­schen zu kön­nen, eine Chan­ce, mich frem­den The­men anzu­nä­hern – aber allen Men­schen steht es frei und offen, sich auf neue For­ma­te ein­zu­las­sen, her­aus­zu­fin­den, was die Stadt zu bie­ten hat. Und hey, die Stadt hat wahn­sin­nig viel zu bie­ten, und die Schau­stel­le­rei mit ihrer über 1000 Jah­re alten Tra­di­ti­on ist ein wich­ti­ges Kul­tur­gut, das man nicht ein­fach weg­bre­chen las­sen darf. Jede gesell­schaft­li­che Ein­heit kann nur funk­tio­nie­ren über die ver­bin­den­den Gemein­sam­kei­ten, also war­um die nicht erkun­den, aus­pro­bie­ren und muti­ger sein? Inner­halb der Stadt­ver­wal­tung, wo die Büro­kra­tie in den letz­ten Jah­ren immer mehr zuge­nom­men hat, klappt das gra­de pri­ma, es gibt ein tol­les Ent­ge­gen­kom­men, neue Lösun­gen und Krea­ti­vi­tät, von denen ich mir wün­sche, dass sie blei­ben. Wir werden’s nie allen recht machen. Aber wenn jeder ein biss­chen was bei­trägt, wäre alles doch so einfach.”

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„Es gibt ein paar Plät­ze in Nürn­berg, die mir feh­len. Das gemüt­li­che Lin­de­sta­di­on zum Bei­spiel, wo wir bei den Spie­len des EHC 80 Lumum­ba im Straf­bank­st­überl getrun­ken haben. Da kann die Are­na nicht mit­hal­ten. Oder die gespreng­te Brü­cke über den Nord­ring: Auf mei­nem Fahr­rad­weg hat es immer dazu­ge­hört, vor der Brü­cke Schwung zu holen, dann kurz ins Dun­kel zu tau­chen und wie­der raus ans Licht zu kom­men. Und ganz beson­ders fehlt mir der Weit­blick – näm­lich der vom Fern­seh­turm aus: Als Kind habe ich sozu­sa­gen den Bau beglei­tet. Auf dem Weg zu mei­nen Groß­el­tern von der Nord­stadt nach Gebers­dorf sind wir immer hier vor­bei­ge­kom­men, konn­ten Ring für Ring die Ent­ste­hung des Bau­werks beob­ach­ten. Spä­ter war ich eini­ge Male oben im Restau­rant – ein ein­ma­li­ges Ambi­en­te, von dem ich hof­fe, dass es mög­lichst bald wie­der zugäng­lich ist, vor allem öfter als bei der Audi­enz ein­mal jähr­lich. Wäre das nicht auch für das The­ma Kul­tur­haupt­stadt toll? Einen ganz ande­ren Titel hat Nürn­berg längst inne: Haupt­stadt der Food­trucks! Vor zehn Jah­ren habe ich mit “Rib­Wich” den ers­ten Truck ins Leben geru­fen – der Rest ist Geschich­te … Aus dem akti­ven Geschäft hat­te ich mich wei­test­ge­hend zurück­ge­zo­gen, orga­ni­sie­re zwar die SFC Street Food Con­ven­ti­on in Nürn­berg und Essen, ori­en­tie­re mich aber pri­mär als Men­tal Coach wei­ter, schrei­be gera­de ein Buch oder bin als Juice Exper­te unter­wegs. Aber als mit dem Beginn der Coro­na-Kri­se schnell auch die Food­truck-Kol­le­gen exis­ten­zi­ell bedroht waren, habe ich alles mir Mög­li­che getan – und gemein­sam mit Kol­le­gen inner­halb von zwei Nacht­schich­ten einen Lie­fer­dienst aus dem Boden gestampft. Ob ich selbst betrof­fen und besorgt bin? Betrof­fen ja, wenn z.B. mei­ne Mes­sen aus­fal­len soll­ten. Besorgt: nein. Es geht immer wei­ter, viel­leicht anders, aber wei­ter. Man muss anpas­sungs­fä­hig sein und schmerz­frei, dann fin­det sich immer ein Weg. ‘Nichts ist ent­span­nen­der, als das anzu­neh­men, was kommt.’ (Dalai Lama)“

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“Ist ulti­ma­ti­ve Tole­ranz was Coo­les? Ich weiß es nicht. Frü­her haben mich mei­ne Mit­schü­ler ver­arscht, mich „Nose“ und “Drei­ecks­kopf” genannt. Mir war das egal, ich hab mich gewehrt. Ich muss­te mich weh­ren. Heu­te wird alles in Wat­te gepackt, dar­an ist auch Insta­gram schuld. Die Leu­te müs­sen sich heu­te nicht mehr direkt mit Din­gen aus­ein­an­der­set­zen. Sie sind von außen geform­te Wesen gewor­den. Kennst Du das, frü­her als Kind, wenn Du Kne­te in ver­schie­de­nen Far­ben hat­test und sie nicht zusam­men­mi­schen woll­test, weil dann eine brau­ne Mas­se ent­steht? So fühlt sich das mit Insta­gram an. Unde­fi­nier­bar. Frü­her haben mir Mana­ger gesagt: „Du brauchst die Leu­te nicht“ — aber jeder braucht Leu­te. Es bringt nichts, sein eige­nes Süpp­chen zu kochen. Es kommt einem vor, als wür­de sich Nürn­berg nicht ent­wi­ckeln. Aber das stimmt nicht. Ich war als Foto­gra­fin in Dubai, in New York, in Ita­li­en. Wenn Du mal ein paar Mona­te weg bist und zurück kommst, siehst Du, wie sich alles ver­än­dert. Gera­de in Gos­ten­hof. Frü­her war es hier als stün­de eine graue Wol­ke über dem Stadt­teil. Heu­te lau­fen die Leu­te über die Für­ther Stra­ße wie auf einer Pro­me­na­de. Der Hafen fühlt man sich mitt­ler­wei­le nicht mehr wie in der Stadt. Das ist geil. Manch­mal könn­te man mei­nen, Ber­lin sei eine frän­ki­sche „Flücht­lings­ko­lo­nie“. So vie­le Leu­te, die heu­te dort leben, kom­men von hier. Gera­de die sagen aber: „Nürn­berg ist kul­tu­rell ein Scheiß“. Das ist Quatsch! Die­se Leu­te sind hier auf­ge­wach­sen, waren hier auf dem Spiel­platz. Das prägt Dich. Nürn­berg liegt in der Mit­te von allem, hat eine gute Infra­struk­tur und eine gute Erreich­bar­keit. Ber­lin ist viel­leicht cool, hat den Style, das stimmt. Aber von irgend­wo­her muss das doch kom­men, oder? Bei­spiels­wei­se der Kolb, die Bre­zen – das ist Kul­tur­gut, nicht so ein Lauch­ge­bäck! Davon schwär­men mei­ne Ber­li­ner Freun­de. Das ist nur ein Bei­spiel von ganz vie­len. Wenn du die gan­ze Zeit über eine Stadt meckern kannst, dann stimmt mir Dir etwas nicht — nicht mit der Stadt.”

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“Inte­gra­ti­on, das klingt immer so schwam­mig, nicht greif­bar, was soll das sein? Mitt­ler­wei­le weiß ich: Spra­che ist unglaub­lich wich­tig. Wie wich­tig, das ist mir erst bewusst gewor­den, als ich 2016 von Russ­land nach Deutsch­land gekom­men bin. In St. Peters­burg, mei­ner Hei­mat, hat­te ich zwar Deutsch gelernt, aber eine Spra­che wirk­lich zu spre­chen, ist etwas ganz Ande­res. Die ers­te Zeit war müh­sam, ich habe mir oft gedacht: Egal, ich packe jetzt mei­ne Kof­fer und gehe zurück. Auch im Job war es schwie­rig. In Russ­land habe ich Tou­ris­mus­busi­ness stu­diert, das wird hier aber nicht aner­kannt. Dazu die Sprach­bar­rie­re — das war eine gewal­ti­ge Hür­de. Wie unter­schied­lich zum Bei­spiel Nürn­berg und St. Peters­burg sind, das zeigt sich beson­ders an Klei­nig­kei­ten. In Russ­land steht auf den Klin­gel­schil­dern zum Bei­spiel kein Name, son­dern eine Num­mer — damit die Leu­te anonym blei­ben kön­nen. Hier ist das anders. Jetzt, nach drei Jah­ren, kann ich sagen: Ich bin ange­kom­men. Nürn­berg ist schon beson­ders, die Kul­tur, da ent­deck­te ich immer wie­der etwas Beson­de­res. Und im Som­mer: Die Blau­e­Nacht, das Bar­den­tref­fen, da fühlt man sich zuhau­se, obwohl man unter vie­len Frem­den ist. Mitt­ler­wei­le kann ich mich mit ihnen ja pro­blem­los unter­hal­ten. Und ich sehe: Was die Men­schen angeht, sind Russ­land und Deutsch­land dann doch nicht verschieden.”

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“So ger­ne ich wür­de, aber mei­nen liebs­ten Platz in Nürn­berg kann ich lei­der nicht ver­ra­ten – denn der ist vor allem des­halb so groß­ar­tig, weil ihn aus uner­find­li­chen Grün­den kaum jemand kennt. Aber ver­spro­chen: Es gibt ziem­lich vie­le Orte in der Stadt, die einem viel­leicht nicht vor die Füße fal­len, die es aber alle­mal wert sind, ent­deckt zu wer­den. Alles in allem habe ich nach mei­nem Her­zug aus Wei­ßen­burg vor 40 Jah­ren Nürn­berg für mich ent­deckt, ohne irgend­wel­che Ambi­tio­nen, anders­wo woh­nen zu wol­len. Es ist per­fekt schon allein für mich als Rad­fah­rer – naja, zuge­ge­be­ner­ma­ßen wegen der Grö­ße der Stadt. Wegen der Bedin­gun­gen nicht, und es wäre drin­gend an der Zeit, dass die Stadt­pla­nung ein Augen­merk auf das Rad­we­ge­netz wirft. Das wäre für mich übri­gens ein wich­ti­ge­rer Aspekt für die Kul­tur­haupt­stadt­be­wer­bung als all die klein­tei­li­gen Kul­tur­ent­wick­lun­gen. Denn ich habe die Idee, den Wunsch, dass aus dem Pro­zess für die Bevöl­ke­rung lang­fris­ti­ge Ent­wick­lun­gen von Nut­zen sein kön­nen. Städ­te­bau­li­che bei­spiels­wei­se, im Sin­ne von Woh­nungs­bau: War­um nicht einen Wett­be­werb für neue Archi­tek­tur aus­ru­fen, viel­leicht in Koope­ra­ti­on mit der WBG? Als Macher der Stra­ßen­kreu­zer-CD beschäf­ti­ge ich mich seit 19 Jah­ren mit der hie­si­gen Musik­sze­ne und bin glück­lich über das schier über­bor­den­de Ange­bot guter Künst­ler in der Regi­on, die einen schier unend­li­chen Fun­dus an Bands und Musi­kern. Dass Nürn­berg nicht als Sprung­brett für gro­ße Kar­rie­ren funk­tio­niert, liegt ver­mut­lich weni­ger an der Stadt als viel­mehr an der frän­ki­schen Men­ta­li­tät, die sich ger­ne hin­ter so einer gewis­sen Welt­be­schei­den­heit ver­steckt. Aber hier gilt das glei­che wie für die ein­gangs genann­ten Plät­ze in Nürn­berg, die man erst­mal suchen muss: Sie wol­len ent­deckt wer­den. Unbedingt!”

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“Ich lie­be es, in Kriegs­ge­bie­te zu rei­sen und fürch­te gleich­zei­tig nichts mehr als den Tod. Für vie­le Men­schen sind die­se bei­den Aspek­te nicht zusam­men­zu­brin­gen. Als jun­ge Frau wur­de bei mir Krebs dia­gnos­ti­ziert. Ich hat­te kaum eine Chan­ce zu über­le­ben und konn­te doch gegen die Krank­heit ankämp­fen. Nach mei­ner Gene­sung war eines für mich klar: Ich will rei­sen und die Welt sehen! Zunächst ging es eini­ge Male nach Indi­en. Mich fas­zi­niert die­ses bun­te, posi­ti­ve Land, in dem so vie­le Men­schen in Armut leben und den­noch fro­hen Mutes sind. Seit eig­nen Jah­ren rei­se ich regel­mä­ßig in Kriegs­ge­bie­te. Ich zog mit Noma­den durch Kur­di­stan, leb­te mit Kriegs­flücht­lin­gen in Zelt­la­gern und leb­te zusam­men mit der Jesi­den-Armee. Vie­le Male war ich unter Beschuss, im Frei­en und zu Hau­se bei Freun­den, die ich auf mei­nen Rei­sen ken­nen­ge­lernt habe. Mei­ne letz­te Rei­se führ­te mich nach im April nach Nord­sy­ri­en ins kur­di­sche Kriegs­ge­biet. Immer dabei ist mei­ne Foto­ka­me­ra, aber ich bil­de weder blu­ti­ge Lei­chen noch Sol­da­ten ab. Mich inter­es­sie­ren die Men­schen, wie sie trotz der ver­hee­ren­den Umstän­de ihr Leben füh­ren, Fami­li­en sind, Freund­schaf­ten pfle­gen und ihre Kul­tur leben. Ich habe sehr vie­le lie­bens­wer­te und hilfs­be­rei­te Men­schen ken­nen­ge­lernt, die unter schwie­rigs­ten Umstän­den über­le­ben, täg­lich um ihre Exis­tenz fürch­ten und den­noch lächeln, zuvor­kom­mend sind und ihre Geschich­ten offen tei­len. Ich hat­te auch Aus­stel­lun­gen in Nürn­berg mit Bil­dern mei­ner Erleb­nis­se. Man erreicht so aber nur eine bestimm­te Grup­pe Men­schen. Ich wür­de mir wün­schen, dass in Nürn­berg Kunst und Kul­tur im öffent­li­chen Raum zugäng­li­cher für alle gemacht wür­de. Mein Traum wäre es, eine Foto­aus­stel­lung im Frei­en zu realisieren.”

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“Als Für­ther bin ich mit 19 erst in die gro­ße Stadt nach Nürn­berg, von da aus nach Mün­chen gezo­gen – und schnell wie­der zurück­ge­kom­men. Denn dort hat mir alles gefehlt, was Nürn­berg aus­macht: zu unper­sön­lich, zu groß … Das Char­man­te hier ist doch, dass man einer­seits inner­halb der Alt­stadt­mau­er fuß­läu­fig irre viel an Frei­zeit, Kul­tur und Geschich­te erle­ben kann, ande­rer­seits aber auch das Außen­rum sich total ent­wi­ckelt, in Vier­teln wie Eber­hards­hof viel pas­siert, und aber auch die Metro­pol­re­gi­on, deren Zen­trum Nürn­berg ja ist, wirt­schaft­lich und kul­tu­rell gran­di­os und eine Insti­tu­ti­on ist, in der rich­tig viel pas­siert – und das ganz unab­hän­gig von der Braue­rei­dich­te. Mit Bam­berg, Bay­reuth oder Schwa­bach habe ich lau­ter wun­der­schö­ne Städ­te im Umkreis von nicht ein­mal einer Stun­de, selbst im klei­nen Wen­del­stein ist rich­tig viel gebo­ten. Ich selbst lebe am Stadt­rand, bei­na­he auf dem Land, in einer Dorf­ge­mein­schaft mit funk­tio­nie­ren­der Infra­struk­tur. Wenn ich etwas ande­res erle­ben möch­te, set­ze ich mich in den Bus und bin in 20 Minu­ten über­all, und mei­ne drei Kin­der wach­sen sicher auf. Uns fehlt es hier an nichts. Angst ist kein gro­ßes The­ma hier, aber die Leu­te erwei­sen sich oft als wenig welt­of­fen, und es wäre fan­tas­tisch, wenn sie sich mehr für ande­re Kul­tur­krei­se öff­nen könn­ten und deren Lebens­wei­se akzep­tie­ren, anders eben als man es dem oft mür­ri­schen Fran­ken zutrau­en wür­de. Den Ver­such, sich als Kul­tur­haupt­stadt zu bewer­ben, fin­de ich berech­tigt, das Poten­ti­al ist ja da – aber es gibt durch­aus ande­re Kali­ber, des­we­gen hal­te ich die Bewer­bung für sehr mutig. Aber naja – irgend­was zu mosern fin­det man ja immer. Ich möch­te trotz­dem nir­gend­wo anders leben.”

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“Frei­lich hat es mich wie vie­le jun­gen Leu­te vor 15 Jah­ren nach Ber­lin gezo­gen – das gehör­te ja zum guten Ton. Von mei­nen Stip­vi­si­ten bei Freun­den habe ich vie­le Erfah­run­gen, immer aber auch die Gewiss­heit mit­ge­nom­men: Da woh­nen will ich nicht. Wenn man’s genau nimmt, lebt man in Ber­lin auch nur in sei­nem klei­nen Kiez, und so gese­hen ist ganz Nürn­berg eben mein Kiez. Der Vor­teil ist, dass ich direkt vor der Nase das Kul­tur­pro­gramm einer gan­zen Stadt habe – und das ist irre viel­fäl­tig. Es regt mich auf, wenn Men­schen mit der alten Lita­nei kom­men, in Nürn­berg gin­ge nichts! Macht die Augen auf, Ohren, Nase, raus aus der Kom­fort­zo­ne, rein ins Ent­de­cken! Bestimmt haben es Kul­tur­schaf­fen­de oft schwer hier, Auf­merk­sam­keit und Aner­ken­nung für ihr Tun zu bekom­men, und ich hof­fe, dass ich als Kul­tur­jour­na­lis­tin wenigs­tens hier und da an Räd­chen dre­hen und Pro­jek­te oder Per­so­nen in ein öffent­li­ches Licht rücken kann. Allen Krea­ti­ven, die trotz aller Wid­rig­kei­ten hier­blei­ben, Bock haben und Esprit: Respekt! Als Redak­teu­rin beim Sozi­al­ma­ga­zin Stra­ßen­kreu­zer hat sich mein Blick in den letz­ten Jah­ren noch wei­ter geschärft, vor allem auch mei­ne poli­ti­sche Sicht. Den Künst­ler, der bet­tel­arm ist und jeden Tag am sel­ben Tre­sen Wein trinkt, fin­det man irgend­wie cool, weil er ist ja Künst­ler. Wenn aber einer immer auf der sel­ben Bank sitzt und sein Dosen­bier trinkt, haben wir ein Pro­blem und Ver­ach­tung. War­um ist das so? Mein Job zwingt mich, oft über mei­nen eige­nen Tel­ler­rand hin­aus­zu­bli­cken, mich in ande­re Kul­tur­wel­ten und Lebens­rea­li­tä­ten zu bege­ben – und in fast jedem Fall kom­me ich glück­lich von dem Trip zurück. Die­se Rei­se kann ich nur emp­feh­len. Dich für Neu­es zu öff­nen tut dir selbst gut und damit der Stadt, denn die kann nur so gut sein, wie du sie selbst machst. An jeder Ecke war­ten Kul­tur und Kul­tu­ren, man braucht nur Hal­lo zu sagen. Seid neu­gie­rig! Nürn­berg ist so viel mehr als Brat­wurst, Braun und Burg!”

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“Dass ich in einem Vier­tel auf­ge­wach­sen bin, das in der gan­zen Stadt als ‘Ghet­to’ ver­schrien war, habe ich erst viel, viel spä­ter mit­be­kom­men. Ich hat­te eine tol­le Kind­heit. Mei­ne Mut­ter hat mei­ne Schwes­ter und mich unbe­auf­sich­tigt drau­ßen spie­len las­sen, es gab viel Grün, wie waren oft im nahen Wald­ge­biet, haben uns auch als Jugend­li­che immer im Vier­tel getrof­fen, um da abzu­hän­gen – und irgend­wann habe ich dann gehört, dass die Leu­te sagen: ‘Du wohnst in Lang­was­ser, bei den Assis?” Ich hab nicht ver­stan­den, was das bedeu­tet, mir war das nicht bewusst. Für mich war es hier ein­fach schön. Schön war aber auch, als ich nach der Aus­bil­dung mei­ne ers­te eige­ne Woh­nung hat­te – und das dann gleich rich­tig mit­ten in der Alt­stadt. Was ich bis­lang nur aus Stipp­vi­si­ten vom Wochen­en­de kann­te, hat auf einen Schlag immer mehr Form und Far­be bekom­men. Und abge­se­hen davon, dass im bes­ten Par­ty-Alter end­lich alles vor der Haus­tü­re hat­te, habe ich dann erst ent­deckt, wie viel­fäl­tig das Kul­tur­pro­gramm der Stadt eigent­lich ist – und kann mich gut an die ers­te Blau­e­Nacht erin­nern, die wir damals auf Inline­skates besucht haben. Heu­te habe ich selbst zwei ganz klei­ne Kin­der, denen ich natür­lich eine mög­lichst schö­ne Kind­heit berei­ten möch­te. Aber das ist leicht in Nürn­berg, v.a. hier, wo ich den Stadt­park und Mari­en­berg gleich vor der Haus­tü­re habe. Die Kin­der dort allei­ne zum spie­len zu schi­cken wie mei­ne Mut­ter das damals gemacht hat, das wür­de ich mich wohl nicht trau­en. Man hat so viel Angst, dass etwas pas­sie­ren könn­te. Aller­dings glau­be ich nicht, dass es in der Stadt gefähr­li­cher gewor­den ist – es wird ein­fach viel mehr berich­tet. Die Kin­der bin­den mich gera­de ziem­lich, zwin­gen mich aber auch, mich zu öff­nen. Für Gesprä­che mit frem­den Senio­ren aus dem Alters­heim bei­spiels­wei­se. Das ist gut. Bis sie groß genug sind, das tol­le Kul­tur­ange­bot für die ganz Klei­nen mit­neh­men zu kön­nen, machen wir eben Krea­tiv- und Musik­kur­se. Und dass ich aus einem Ghet­to kom­me hat übri­gens schon lang nie­mand mehr gesagt.”

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„Ich bin Stutt­gar­ter, der in den offe­nen Armen Nürn­bergs glück­lich gelan­det ist. (Nach­dem ich vie­le Jah­re am Thea­ter gear­bei­tet habe, beschäf­ti­ge ich mich als Coach und Bera­ter nun wei­ter­hin mit mei­ner Lei­den­schaft, der Wir­kung in ver­schie­dens­ten Zusam­men­hän­gen.) Mit mei­ner Fami­lie woh­ne ich im Burg­vier­tel, mit­ten im Post­kar­ten­idyll. Das ist wun­der­bar, gleich­zei­tig aber auch ein Ärger­nis, denn die­ses wun­der­schö­ne Stadt­bild wird zuneh­mend von Bus- und Fähr- und sons­ti­gen Tou­ris­ten über­flu­tet. Natür­lich brau­chen wir Tou­ris­mus, aber z. B. 10 000 Son­der­ge­neh­mi­gun­gen für ein­fah­ren­de Rei­se­bus­se in die Alt­stadt pro Jahr sind ein­fach zu viel. Damit muss ich wohl zurecht­kom­men – bis sich die Stadt dann abends leert und ihre atmo­sphä­ri­sche Schön­heit preis­gibt. Der­weil es im Burg­dorf erst am Abend ruhig wird, haben wir genau hier mit­ten­drin im Kern der His­to­rie einen Ort, an den sich kaum jemand ande­res als gele­gent­lich ein Gas­si-Geher ver­irrt: Der 1506 gegrün­de­te Ver­ein der Schnep­per­schüt­zen hielt einst im Burg­gar­ten die letz­te Ver­tei­di­gungs­li­nie vor dem feind­li­chen Angriff – und heu­te 13 wun­der­schö­ne klei­ne Gär­ten. Jeder kennt die­se Klein­ode, aber kaum jemand weiß, was es damit auf sich hat. Weder steckt ein Geheim­or­den dahin­ter noch han­delt es sich um Schre­ber­gär­ten, son­dern eben um einen Ver­ein, des­sen Mit­glie­der zuneh­mend jun­ge Fami­li­en und an der Bewah­rung der Tra­di­ti­on inter­es­siert sind. Wie das aus­sieht? Wir tref­fen uns vier­mal im Jahr und schie­ßen mit alten Arm­brüs­ten auf aus­ge­säg­te Holz­ad­ler und Glas­ku­geln – ein Hei­den­spaß! Und eine unver­gleich­li­che Atmo­sphä­re von Geschich­te eben­so, wie um Geschich­ten zu erzäh­len. Für mich und mei­ne Fami­lie ist unser Gar­ten ein klei­nes Stück Para­dies im Schat­ten der Burg. Wenn Nürn­ber­ger ‚Tra­di­ti­on‘ hören, den­ken sie sofort an dunk­le Zei­ten statt an hel­le, dabei war das hier doch nicht immer nur die Stadt der Täter. Wir als Ver­ein der Schnep­per­schüt­zen ver­su­chen, die­ses älte­re Stück Kul­tur und Natur, die­sen Schatz zu bewah­ren und gestal­ten Nürn­berg dadurch ein biss­chen mit – ganz nah am Kern der Stadt.“

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“Ich habe vie­le Jah­re als Obdach­lo­ser auf der Stra­ße gelebt, ken­ne Nürn­berg von ganz unten und ich muss sagen: Die Leu­te sind ganz schön groß­kot­zig, schau­en dich her­ab­las­send oder am bes­ten gar nicht an. Sie den­ken nicht dar­über nach, wie schnell sie selbst abrut­schen und in so eine Situa­ti­on kom­men kön­nen. Ich habe lan­ge gear­bei­tet, habe gutes Geld ver­dient, dann hat mir das Leben das Genick gebro­chen. Mitt­ler­wei­le habe ich eine Woh­nung, einen Job – und füh­le mich reich. Näm­lich an Erfah­run­gen. Zum einen habe ich gelernt, wie wich­tig es ist, den Blick zu öff­nen für ande­re Lebens­ent­wür­fe, ande­re Kul­tu­ren, erst­mal aus­zu­pro­bie­ren statt vor­zu­ver­ur­tei­len. Immer erst­mal anschau­en und dann eine Mei­nung bil­den. Das wür­de vie­len Leu­ten hier gut tun, und selbst wenn ich mich mit einem The­ma gra­de selbst nicht iden­ti­fi­zie­ren kann – hey, viel­leicht triffst du mal jeman­den, dem du mit dei­nem Wis­sen hel­fen kannst? Als ich hier auf der Stra­ße gelan­det bin, war es erst­mal schwie­rig, her­aus­zu­fin­den, wie ich Hil­fe bekom­men kann: Infor­ma­tio­nen wer­den wegen der gro­ßen Kon­kur­renz ungern geteilt, die Infor­ma­ti­ons­po­li­tik des Amtes ist zu wenig nach­drück­lich. Dabei ist das Hilfs­an­ge­bot der Stadt wirk­lich gut, Nürn­berg hin­sicht­lich sozia­ler Ein­rich­tun­gen gut auf­ge­stellt, auch wenn es trau­rig ist, dass es das über­haupt braucht. Wir haben hier auch vie­le gute Ange­bo­te für Men­schen, die wenig oder kein Geld haben, ermög­li­chen mit dem Nürnberg.Pass den Zugang zu Kul­tur­ver­an­stal­tun­gen aller Art. Aber Kul­tur ist für mich mehr als Kunst. Kul­tur ist Stadt­ge­sell­schaft und Zusam­men­le­ben, ein respekt­vol­les Mit­ein­an­der aller statt Vor­be­hal­te, und hier fehlt mir oft der Aus­tausch. Was für mich ein ech­tes Pro­blem ist? Die Form, wie Men­schen in Not­la­ge oft unter­ge­bracht wer­den. Die Ein­rich­tun­gen, die ich ken­ne, erfül­len teil­wei­se nicht die hygie­ni­schen Min­dest­stan­dards, sind ver­wahr­lost und trost­los. Wie soll ein Mensch denn wie­der auf die Füße, wie nur auf die Idee dazu kom­men, wenn er so leben soll? Es wun­dert mich nicht, dass die dann ver­su­chen, sich mög­lichst weg­zu­bea­men über den Tag. Obdach muss men­schen­wür­dig sein.”

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“Platz zum Aus­to­ben, akti­ve Haus­pro­jek­te, krea­tiv end­lo­se Ent­fal­tungs­mög­lich­kei­ten – in ein­ein­halb Jah­ren Dres­den habe ich ver­stan­den, war­um Künst­ler aus Nürn­berg dort­hin zie­hen und nicht umge­kehrt. Ich wüss­te näm­lich nicht, dass Krea­ti­ve von anders­wo hier­her­zie­hen, weil es hier so gut läuft, sie sich hier so toll ent­fal­ten und aus­pro­bie­ren kön­nen. Im Ergeb­nis kom­men die erfolg­rei­chen Künst­ler oder Musi­ker dann nicht von hier, son­dern aus Köln, Leip­zig oder Ber­lin. Dabei hat Nürn­berg eigent­lich wahn­sin­ni­ges Poten­zi­al an Leu­ten, denen man nur mit einer frucht­ba­ren Kul­tur­land­schaft Anreiz zum hier­blei­ben geben müss­te. Ich selbst bin zurück­ge­kom­men, weil ich hier tief­ver­wur­zelt bin, aber habe Inspi­ra­ti­on mit­ge­bracht und ver­su­che, immer mehr Stei­ne ins Rol­len zu brin­gen: als Ver­an­stal­ter, als Musi­ker mit “We Brought a Pen­gu­in”, als Initia­ti­ve mit dem Kol­lek­tiv­Kol­lek­tiv, mitt­ler­wei­le auch poli­tisch als Teil der Polit­ban­de, mit deren Ver­tre­tung im Stadt­rat wir sehen, wie viel man bewe­gen kann anstatt vom Rand aus zuse­hen und quen­geln zu müs­sen. Alle Par­tei­en suchen den Kon­takt, das Gespräch – wohin das führt, muss man sehen. Natür­lich ver­folgt unterm Strich jeder sei­ne eige­nen poli­ti­schen Zie­le, aber wir füh­len uns ernst­ge­nom­men – end­lich kön­nen sub­kul­tu­rel­le Inter­es­sen an den rich­ti­gen Stel­len plat­ziert wer­den. Mit der Kul­tur­oa­se konn­ten wir aktu­ell ganz kon­kret etwas bewe­gen. Dass man den Hin­tern selbst hoch­be­kom­men und dran­blei­ben muss, muss­te ich selbst erst ler­nen, aber es ist super, was sich dar­aus ergibt. Auf den Titel Kul­tur­haupt­stadt hof­fe ich ganz unbe­dingt, denn er bedeu­tet Beför­de­rung, nicht Aus­zeich­nung – die hät­te die Stadt im aktu­el­len Sta­tus nicht ver­dient. Was man aber schon beob­ach­ten kann durch den Bewer­bungs­pro­zess, ist die Eröff­nung eines Dia­lo­ges, den es sonst wohl nicht gege­ben hät­te. Es wächst eine gewis­se Bereit­schaft, der Sub­kul­tur zuzu­hö­ren, auch wenn man sagen muss: Sehr vie­le Ergeb­nis­se sind noch nicht zu sehen. Aber ich sehe, wie vie­le Leu­te dran arbei­ten. Das wird schon!”

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„Wir woll­ten sehen, was da drau­ßen noch alles ist. Wir woll­ten eine neue Kul­tur ent­de­cken, des­halb haben wir nach Jobs in Öster­reich und Deutsch­land gesucht. Als Bran­ko in Nürn­berg eine Anstel­lung fand, war unse­re Ent­schei­dung gefal­len. Wir arbei­ten bei­de in der IT-Bran­che, daher war es nicht so schwer, einen Job zu fin­den und zurecht­zu­kom­men, da alles auf Eng­lisch ist. Für uns ist es immer wie­der inter­es­sant, unter­schied­li­che Kul­tu­ren zu sehen, unter­schied­li­che Men­schen ken­nen­zu­ler­nen und Neu­es zu ler­nen. Wir sind im Febru­ar von Ban­ja Luka in Bos­ni­en und Her­ze­go­wi­na nach Nürn­berg gezo­gen. Wir lie­ben an Nürn­berg, dass wir mit dem Fahr­rad fast über­all hin­fah­ren kön­nen, das ist wun­der­bar. Unse­re Freun­de und Fami­lie zu Hau­se besu­chen wir alle paar Wochen, daher haben wir kein gro­ßes Heim­weh. Aber auch hier möch­ten wir uns eine eige­ne Com­mu­ni­ty auf­bau­en. Wir kön­nen es kaum erwar­ten, unse­re Deutsch­kennt­nis­se zu ver­bes­sern. Unse­rer Mei­nung nach ist es sehr wich­tig, die Spra­che zu spre­chen, um sich hier zu inte­grie­ren. Man kann nicht erwar­ten, dass man über­all mit Eng­lisch durch kommt. Nürn­berg ist eine sehr grü­ne Stadt. Wir lie­ben es, nach der Arbeit Zeit in der Natur zu ver­brin­gen und die vie­len Parks in Nürn­berg zu besu­chen. Manch­mal gehen wir auf Kon­zer­te, die uns im Curt Maga­zin emp­foh­len wer­den. Wir wünsch­ten, jeder hät­te die­se Mög­lich­keit. Wir hof­fen, dass eines Tages alle Men­schen frei rei­sen und leben kön­nen und, dass die Mau­ern fal­len und nicht wie­der auf­ge­baut wer­den, beson­ders in Euro­pa. Aber lei­der ent­schei­den nicht immer die Wei­ses­ten. Als wir hier­her kamen, kann­ten wir nichts über Nürn­berg, außer den Nürn­ber­ger Pro­zes­sen. Um ehr­lich zu sein, hoff­ten wir, dass Nürn­berg so ist, wie wir es jetzt tat­säch­lich ken­nen­ge­lernt haben. Uns gefällt es hier sehr gut und wir freu­en uns sehr hier zu sein. Die Leu­te sind offen und wir kom­men sehr gut zurecht. Über ein deut­sches Kli­schee freu­en wir uns beson­ders: Das Bier hier ist viel bes­ser als wo wir her­kom­men. Aber der Schnaps ist bes­ser in Ban­ja Luka.”

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„Für mich zen­tral sind die Chan­cen eines gro­ßen Netz­wer­kes, die mir Nürn­berg bie­tet. Hier kann ich Pro­jek­te, Initia­ti­ven, Men­schen über lan­ge Zeit in ihrer Ent­wick­lung beob­ach­ten und Teil davon sein. Denn es wird irre viel ent­wi­ckelt, was auch der N2025 Open­Call gezeigt hat, der vie­le schlum­mern­de Ideen aus Schub­la­den geholt hat. Für mich als lei­den­schaft­li­chen Kul­tur­men­schen ist es wich­tig, die Kul­tur­land­schaft in ihrer Viel­falt erle­ben zu kön­nen. Dabei berei­tet es mir zum einen Freu­de, die Akteu­re hin­ter den Pro­jek­ten ken­nen zu ler­nen und zum ande­ren, als Lei­te­rin des Künst­ler­hau­ses selbst als Mög­lich­ma­che­rin zu agie­ren. Und es ist ver­dammt viel mög­lich – man muss jedoch dar­über spre­chen, sich per­sön­lich zusam­men­set­zen, Ideen ent­wi­ckeln. Mit mei­ner Pro­jekt­ar­beit ver­su­che ich vor allem die frei­en Initia­ti­ven zu unter­stüt­zen, von denen ich weiß, dass vie­le am knap­sen sind. Finan­zen sind ein Pro­blem, Raum­man­gel auch. Man­che Pro­zes­se sind lang­wie­rig, aber ich fin­de nicht, dass man sagen darf, dass hier nichts geht. Es ist ein Ste­reo­typ, von ‚der Stadt‘ gene­rell als Kul­tur­brem­ser zu spre­chen. Es gibt an vie­len Stel­len Tür­öff­ner, die Mög­lich­kei­ten eröff­nen und ich wün­sche mir, dass die Öffent­lich­keit wahr­nimmt, dass wir für Ver­än­de­rungs­pro­zes­se offen sind und in eini­ges schon Bewe­gung rein­kommt. Einen wich­ti­gen Aspekt der Kul­tur­sze­ne habe ich nach dem Brand in der Kan­ti­ne erlebt: der gro­ße Zusam­men­halt, die stadt­wei­te ehren- und haupt­amt­li­che Unter­stüt­zung, die wir erfah­ren haben. Es hat gezeigt, dass die ver­meint­li­che Kon­kur­renz­si­tua­ti­on auf ein­mal in den Hin­ter­grund tre­ten kann und es dann nur noch Ver­an­stal­ter gibt, die zusam­men­hal­ten. Genau die­se Ver­bin­dun­gen sind es auch, die es uns wäh­rend der aktu­el­len Gene­ral­sa­nie­rung des Künst­ler­hau­ses ermög­li­chen, den lau­fen­den Betrieb der hier ansäs­si­gen Grup­pen und Ver­ei­ne an Aus­weich­or­ten auf­recht­zu­er­hal­ten. Und ist es nicht groß­ar­tig, wel­che Koope­ra­tio­nen sich dar­aus schon ent­wi­ckelt haben? Z.B. eine app­ge­stütz­te Live-Per­for­mance in St. Mar­tha, Punk im Katha­ri­nen­saal oder ein Markt für nach­hal­ti­ge Geschen­ke Auf AEG.“

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„Mir ist es wich­tig, dass die Men­schen etwas für die Umwelt tun. Ich war auch schon ein­mal bei Fri­days for Future in Nürn­berg dabei und fand es cool, dass alle mit­ge­macht haben und fried­lich demons­triert haben, damit die Poli­ti­ker end­lich etwas tun. Vie­le neh­men das Umwelt-Pro­blem nicht so ernst und machen sich dar­über lus­tig, aber wenn es so wei­ter­geht, wird es immer schlim­mer mit dem Müll auf der Welt. Ich bin sehr ger­ne drau­ßen, ich gehe oft zum Skate­park im Burg­gra­ben oder fah­re mit mei­nem Downhill Bike im Mari­en­berg­park. Beim Ska­ten und Biken bekom­me ich immer einen ‚locke­ren Flow‘, es macht mir Spaß und ich bin mit mei­nen Freun­den unter­wegs. Ich fin­de es nur scha­de, dass es in der Nürn­ber­ger Innen­stadt nur einen rich­ti­gen Skate­park mit einer Half­pipe gibt und der wird oft von älte­ren Jugend­li­chen bela­gert, die Alko­hol trin­ken und rau­chen und gar nichts mit Ska­ten am Hut haben. Da füh­le ich mich mit mei­nen Freun­den nicht immer so wohl. Mit dem Skate­board kann man nur auf Asphalt und Beton fah­ren und weil ich ger­ne in der Natur bin, fah­re ich oft am Mari­en­berg mit mei­nem Downhill-Fahr­rad. Zusam­men mit mei­nen Freun­den baue ich Ram­pen aus Erde und übe ver­schie­de­ne Tricks. In Nürn­berg gibt es an jeder Ecke komi­sche Leu­te. Zum Bei­spiel Typen, die mit ihren tol­len Sport­wa­gen viel zu schnell fah­ren und einen bei­na­he umfah­ren. Ich wür­de mir wün­schen, dass alle Leu­te in Nürn­berg auf­merk­sa­mer für die Umwelt und die Mit­men­schen werden.“

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“Ich arbei­te­te als Foto­gra­fin in New York City und hat­te einen stres­si­gen Som­mer hin­ter mir, also mach­te ich Urlaub auf Hawaii. Ich woll­te für mich sein und ent­span­nen. Als ich durch die wun­der­schö­ne Natur von Maui wan­der­te, traf ich auf die­sen Typen. Mit sei­nem roten Haar und sei­nem Bart sah er aus wie Van Gogh. Wir unter­hiel­ten uns lan­ge, unter­nah­men vie­le Aus­flü­ge und began­nen schließ­lich eine Fern­be­zie­hung zwi­schen Deutsch­land und Ame­ri­ka. Spä­ter ent­schie­den wir zu hei­ra­ten und zusam­men zu leben. Wäh­rend wir nach einem Wohn­ort such­ten, fand ich her­aus, dass ich schwan­ger war. Die Mut­ter mei­nes Man­nes war kurz vor­her ver­sto­ben, daher stand das Haus in Nürn­berg leer. Ich konn­te mir nie vor­stel­len ein Baby in Man­hat­tan groß­zu­zie­hen, also ent­schie­den wir 1987 tem­po­rär in Nürn­berg zu leben. Als ich mei­nen Freun­den und mei­ner Fami­lie von unse­ren Plä­nen erzähl­te, waren vie­le scho­ckiert. Nürn­berg hat­te zu die­ser Zeit noch einen ziem­lich schlech­ten Ruf und beson­ders, weil ich aus einer jüdi­schen Fami­lie kom­me, war es komisch gera­de hier­hin zu gehen. Ich moch­te das Leben in Nürn­berg gar nicht. Alles wirk­te wie aus­ge­stor­ben und die Men­schen waren sehr ver­schlos­sen. Nach­dem wir unser zwei­tes Kind beka­men kauf­ten wir 1991 ein Haus nahe San Fran­cis­co und waren bereit für den Umzug. Dann kam der 11. Sep­tem­ber. Ich war gera­de ein­kau­fen, als ich erfuhr, dass New York City ange­grif­fen wur­de. Ich ver­such­te ruhig zu blei­ben. Auf der Heim­fahrt durch Eibach hör­te ich die Nach­rich­ten im Radio. Plötz­lich sah der kar­ge Wald rund um den Hafen leben­dig für mich aus. Ich sah das Leben hier auf ein­mal mit ande­ren Augen und begann die Wer­te in Ame­ri­ka zu hin­ter­fra­gen. Ich woll­te nicht mehr umzie­hen und sah hier Leben. Vor allem in den letz­ten Jah­ren hat sich viel in Nürn­berg getan, die Gesell­schaft wird immer hete­ro­ge­ner und offe­ner. Das Leben hier ist ein­fa­cher und ruhi­ger, aber ich füh­le mich mitt­ler­wei­le rich­tig wohl. Was ich aber noch immer an Ame­ri­ka lie­be, sind die Men­schen. Sie sind so offen und freund­lich und der Umgang ist ein­fa­cher und ange­neh­mer. Das wür­de ich mir für Nürn­berg auch wünschen.“

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„Als Teen­ager kam ich mit mei­nen Eltern aus der Ukrai­ne nach Deutsch­land. Mir gefiel hier anfangs nichts, ich fand mich nicht zurecht und fühl­te mich nicht zuge­hö­rig. Ich wuss­te nicht wohin mit mir, hat­te kein Ziel, kei­ne Per­spek­ti­ve. Dann fand ich zum Sport. Ich fing an regel­mä­ßig lau­fen zu gehen und ent­wi­ckel­te so Selbst­dis­zi­plin und ein Gefühl von Frei­heit. Aus einer Lau­ne her­aus, mel­de­te ich mich für einen Body­buil­ding-Con­test an. Ich fand kei­nen Trai­ner und habe mich also allei­ne auf den Wett­be­werb vor­be­rie­tet. Umso über­rasch­ter war ich, dass ich als Sie­ge­rin in mei­ner Klas­se, dem leich­tes­ten Gewicht, her­vor­ging. Ich woll­te es mir selbst bewei­sen und habe es geschafft! Heu­te pro­bie­re ich vie­le ver­schie­de­ne Sport­ar­ten, mache Pila­tes und Yoga, gehe noch immer ger­ne lau­fen und trai­nie­re auch mei­ne eige­ne Grup­pe von Frau­en regel­mä­ßig. Vie­ler mei­ner Kurs­teil­neh­me­rin­nen haben schwe­re Schick­sa­le hin­ter sich, sind aus ihren Hei­mat­län­dern geflo­hen und sind teil­wei­se neu in Nürn­berg. Mei­ne Kur­se ver­bin­den uns nicht nur im Sport, wir hören uns gegen­sei­tig zu, hel­fen ein­an­der und wach­sen so zu einer Gemein­schaft zusam­men. Bei einem unse­rer Tref­fen auf der Wöhr­der Wie­se beob­ach­te­te uns ein­mal eine Grup­pe von Frau­en. Sie tru­gen Kopf­tü­cher und spra­chen kein Deutsch. Vor­sich­tig näher­ten sie sich unse­rer Grup­pe und als wir sie mit Hän­den und Füßen ani­mier­ten mit­zu­ma­chen, war das Eis schnell gebro­chen. Strah­lend ver­such­ten sie sich an den Übun­gen und alle hat­ten rich­tig Spaß an die­ser Begeg­nung. Ich lebe als Frau mit pol­ni­schen und ukrai­ni­schen Wur­zeln in Deutsch­land — heu­te füh­le ich mich des­halb aber nicht mehr zer­ris­sen, son­dern schaf­fe mir mei­ne ganz eige­ne Iden­ti­tät, schu­le auch Frau­en als Inte­gra­ler Coach in Semi­na­ren und auch ein­zeln. Sport kann Men­schen ver­bin­den, Hem­mun­gen und Vor­ur­tei­le abbau­en. und zur Inte­gra­ti­on bei­tra­gen. Es wäre schön, wenn es mehr sol­cher Ange­bo­te geben würde.“

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“Unser Vater kam eines Tages nicht aus der Arbeit heim. Zwei Wochen war er ver­schol­len, wir frag­ten alle Freun­de, Bekann­te und Arbeits­kol­le­gen, kei­ner wuss­te wo er war. Dann kam er plötz­lich nach Hau­se und sag­te uns, wir müs­sen unse­re gelieb­te Hei­mat Afgha­ni­stan sofort ver­las­sen, da es hier nicht mehr sicher für uns sei. Wir sind mit­ten in der Nacht auf­ge­bro­chen, mei­ne Mut­ter, mein Vater, mein klei­ner Bru­der und ich. Ich war damals 16 Jah­re alt. Wir flüch­te­ten in den Iran und woll­ten schließ­lich mit einem Boot von der Tür­kei nach Grie­chen­land gelan­gen. Mein Bru­der und ich nah­men das ers­te Boot, mei­ne Eltern das zwei­te. Ihr Boot kam jedoch nie in Grie­chen­land an und so muss­ten wir Brü­der uns allei­ne durch­schla­gen. Da ich gute Eng­lisch­kennt­nis­se habe, konn­te ich als Dol­met­scher arbei­ten und uns zumin­dest ein Zelt im Flücht­lings­la­ger ergat­tern. Ande­re hat­ten nicht so viel Glück und muss­ten im Win­ter auf dem blan­ken Boden schla­fen. Mit der Fäh­re fuh­ren wir dann nach Athen und von dort aus nach Deutsch­land wei­ter. Hier erwar­te­te uns eine Tan­te, die schon seit ein paar Jah­ren in Nürn­berg lebt. In den letz­ten Jah­ren bestand mein All­tag nur aus Schu­le und ler­nen. Mor­gens ging ich in den Unter­richt und danach lern­te ich bis spät in die Nacht wei­ter. Die har­te Arbeit hat sich gelohnt: In drei Jah­ren lern­te ich Deutsch, mach­te einen Schul­ab­schluss und habe die­sen Som­mer sogar das Abitur bestan­den. Jetzt habe ich die Zusa­ge einer gro­ßen IT-Fir­ma in Nürn­berg erhal­ten und begin­ne eine Aus­bil­dung als Fach­in­for­ma­ti­ker. Wir kamen nach Nürn­berg mit nicht als den Klei­dern an unse­ren Kör­pern, heu­te leben mein Bru­der und ich in einer eig­nen Woh­nung und haben alles, was wir brau­chen. Mei­ne Eltern wären sicher sehr stolz.”

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“Mei­ne ers­ten Jah­re in Nürn­berg? Ein ewi­ges Über­ra­schungs­ei! Ich muss sagen, dass ich als Bay­reu­ther nicht gera­de von Kul­tur­er­eig­nis­sen jen­seits der Wag­ner-Fest­spie­le ver­wöhnt wor­den bin. Mit die­sem einen Groß­ereig­nis kann ich mich lei­der nicht iden­ti­fi­zie­ren – der Rest der Stadt, min­des­tens aber die Ent­schei­dungs­trä­ger offen­bar schon. Klei­ne, selbst­ver­wal­te­te sub­kul­tu­rel­le Räu­me fin­det man in Bay­reuth wenig – was mir ein Rät­sel ist in Anbe­tracht der unzäh­li­gen Stu­den­ten. Nürn­berg war für mich des­halb ein ein­zi­ges Ent­de­cken: Ver­an­stal­tun­gen, Räu­me, Sti­le, Men­schen … Immer anders, immer neu – und immer mit so viel Lie­be! Dass es aber für Kul­tur­schaf­fen­de noch ande­rer Din­ge bedarf als Lei­den­schaft, das ist mir erst nach und nach klar gewor­den. Durch vie­le Gesprä­che, durch die Mög­lich­keit, hin­ter Kulis­sen zu bli­cken, habe ich gelernt, wie vie­le Kämp­fe oft aus­ge­foch­ten wer­den müs­sen, wie hart man­che Initia­ti­ven zu knab­bern haben, mit klei­nen Gel­dern jon­glie­ren müs­sen – und wie wahn­sin­nig viel aus­schließ­lich auf ehren­amt­li­chen Schul­tern gestemmt wird. Ich glau­be, dass das vie­len Nürn­ber­gern gar nicht bewusst ist, sich zu weni­ge Men­schen aus der Kom­fort­zo­ne bewe­gen, raus aus der Kon­su­men­ten­hal­tung. Ich kann nur aus eige­ner Erfah­rung sagen, dass es sich in jeder Hin­sicht lohnt, Neu­es zu wagen, Neu­es aus­zu­pro­bie­ren. Wenn mir vor fünf Jah­ren jemand gesagt hät­te ‚Geh mal ins Bal­lett!‘, hät­te ich laut gelacht. Und heu­te? Bin ich glü­hen­der Fan von bei­spiels­wei­se Goyo Mon­te­ro . Als Gar­ten- und Land­schafts­bau­er gehe ich ohne­hin mit einem ganz ande­ren Blick durch die Stadt und fin­de, dass hier vie­le Chan­cen ver­tan wer­den. Dafür argu­men­tiert man oft mit Spar­kur­sen oder Sicher­heit. Ich sag mal so: Wenn die Stadt Fra­gen hat, wie man Frei­flä­chen für Stadt­sä­ckel und Umwelt güns­tig gestal­tet, darf sie sich gern bei mir mel­den. Eine Sache klappt ja ziem­lich gut: Die Bier­gär­ten sind alle schön!”

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“Nach Nürn­berg zu kom­men war für mich wie Urlaub. Ich bin in Schwa­bach auf­ge­wach­sen, habe als Teen­ager schon Nürn­ber­ger Luft geschnup­pert, sogar am Neu­tor gelebt und frei­lich fand ich es hier schnuck­lig und schön und es gab ein paar Orte, zu denen wir gern gegan­gen sind, aber das war’s. Damals dach­te ich, ich ken­ne die Stadt … Mit 17 bin ich nach Mün­chen gezo­gen, habe dort sehr inten­si­ve sechs Jah­re ver­bracht und bin letz­tes Jahr mit all die­sen Erfah­run­gen und Ein­drü­cken nach Nürn­berg zurück­ge­kom­men – und konn­te gar nicht fas­sen, was es hier alles gibt. Ich habe nichts erwar­tet. Man sieht eine Stadt ganz anders, wenn man eine Zeit lang weg war, und für mich war es plötz­lich, als wür­de ich im Bil­der­buch leben. Ich habe mein Fahr­rad end­lich wie­der aus­ge­packt und alles erkun­det. Und: Es ist wun­der­bar! Das Gefühl von Hei­mat, die Zuge­hö­rig­keit zum Fran­ken. Der gran­telt zwar, aber nimmt sich nicht so wich­tig – die Leu­te sind zufrie­den und gemüt­lich, das ist manch­mal ein­fa­cher schö­ner als die­ses hip­pe Groß­stadt­ge­ha­be. Und alles ist so erleich­ternd, ich füh­le mich sicher und gebor­gen hier, muss kei­ne Angst haben und wer­de auch nicht von Ange­bo­ten schier erdrückt, weil ich sie eh nicht alle umset­zen kann … Dabei gibt es hier doch schon so viel zu tun, zu erle­ben und zu ent­de­cken. Ich habe in den letz­ten Mona­ten mei­ne Hei­mat neu gefun­den, lau­ter Ver­an­stal­tun­gen und Orte zum ers­ten Mal besucht, bin hin­ge­ris­sen – auch wenn ich ziem­lich bescheu­ert fin­de, dass hier unge­fähr die ein­zi­ge Stadt ist, in der man nicht ganz­jäh­rig drau­ßen in Stra­ßen­ca­fés sit­zen kann! Und selt­sam fin­de ich auch Orte wie den Stadt­strand oder den Plan der Surf­wel­le – Mün­chen hat nun mal den Eis­bach, Nürn­berg nicht. Dafür hat Nürn­berg lau­ter tol­le natür­li­che Fluss­ufer, war­um wer­den die nicht anders, bes­ser, schö­ner genutzt, Orte geschaf­fen, an denen man sich auf­hal­ten, zusam­men­kom­men kann? Was ich zudem ver­mis­se sind die Roof­tops – Bier­gär­ten, Fes­te, Cafés auf Dächern z. B. von Park­häu­sern oder eine bes­se­re Nut­zung der zahl­rei­chen Dach­ter­ras­sen. Was gibt es denn Schö­ne­res, als drau­ßen über den Dächern einer – die­ser Stadt zu sitzen?”

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„Auch wenn sich in mir drin­nen alles dage­gen sträubt, set­ze ich mich seit 10 Jah­ren immer wie­der in den Flie­ger, um in ärme­ren Gegen­den die­ser Welt einen Bei­trag zu leis­ten. Das Gefühl, wenn ich im Flie­ger sit­ze, ist kaum zu beschrei­ben: Ich habe Angst­zu­stän­de, Schweiß­aus­brü­che und unheim­li­che kör­per­li­che Schmer­zen in allen Glie­dern, die mich trotz der Schmerz­mit­tel nahe­zu zer­mür­ben. Als Kind war ich bei den Dom­spat­zen. Mein gro­ßer Traum war es, Sän­ger und Künst­ler zu wer­den. Die Miss­hand­lun­gen, Gewalt und der Miss­brauch den ich dort über Jah­re erfah­ren habe, waren grau­sam. Wäh­rend die­ser Zeit ging es mir sehr schlecht und auch vie­le Jahr­zehn­te spä­ter hol­te mich das Erfah­re­ne noch ein. Ich war 25 Jah­re in Behand­lung und habe mit The­ra­pien und Medi­ka­men­ten die Über­grif­fe und Gescheh­nis­se ver­ar­bei­tet. Immer wie­der mer­ke ich jedoch auch heu­te noch, wie sich ein Gefühl der Angst in mir breit­macht, die mich lähmt. Ich will mich dann nur noch zu Hau­se ein­sper­ren, kei­nen Men­schen tref­fen und mit nie­man­dem spre­chen. Gera­de dann, über­win­de ich mich jedoch, gehe raus und ver­su­che – vor allem auch in mei­ner Funk­ti­on als Sozi­al­päd­ago­ge — die­se nega­ti­ve Ener­gie in posi­ti­ve Hand­lun­gen zu ver­wan­deln. Daher ent­schloss ich mich auch vor eini­gen Jah­ren nach Thai­land, Kuba oder in die Domi­ni­ka­ni­sche Repu­blik zu rei­sen, um dort Kin­dern und Frau­en zu hel­fen. Bei mei­nen Rei­sen beschäf­ti­ge ich mich mit den Men­schen vor Ort, gebe Deutsch- und Eng­lisch­un­ter­richt und ver­tei­le Lehr­ma­te­ria­li­en und Bücher. Nicht sel­ten, fas­sen auch Frau­en in Not ver­trau­en zu mir und erzäh­len mir ihre Geschich­ten. Erst vor kur­zem hat mir eine Frau aus Thai­land vol­ler stolz ihre Schei­dungs­ur­kun­de geschickt, nach­dem sie sich nun end­lich trau­te, sich von ihrem gewalt­tä­ti­gen Ehe­mann zu tren­nen. Als Maler, Lyri­ker und Kaba­ret­tist ver­ar­bei­te ich mei­ne Erfah­run­gen mit­tels Krea­ti­vi­tät und leis­te seit vie­len Jah­ren mei­nen Bei­trag in Nürn­berg. Ich wür­de mir wün­schen, dass man als Künst­ler von vie­len Insti­tu­tio­nen und der Pres­se erns­ter genom­men wür­de. Hier in Nürn­berg ent­steht viel Gutes, das lei­der nicht gese­hen wird.“

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“Izmir, Buda­pest, Nürn­berg … Ich habe ande­re Städ­te aus­pro­biert, ande­re Kul­tu­ren getes­tet, ande­re Men­schen­wel­ten geat­met – leben woll­te ich immer nur hier. In Nürn­berg bin ich tief ver­wur­zelt, mag es, gleich­zei­tig die Stadt wie mei­ne sprich­wört­li­che Wes­ten­ta­sche in- und aus­wen­dig zu ken­nen und den­noch immer wie­der neue Ecken, neue Plät­ze, neue Ideen zu fin­den. Das funk­tio­niert beson­ders gut, wenn man einer­seits mit offe­nem Geist, ande­rer­seits stän­dig mit dem Fahr­rad unter­wegs ist. Und das bin ich. Dank super­kur­zer Wege und der zen­tra­len Lage in der Regi­on kann man sowohl inner­halb der Stadt als auch im Umkreis alles erra­deln, ist fle­xi­bel unter­wegs und macht den Weg zum Ziel. Auch wenn die Stadt eher dar­an inter­es­siert scheint, dass Blech­kis­ten pro­blem­los rol­len oder par­kend Lebens­raum ver­schwen­den. Wenn’s mal wirk­lich nicht ums Ziel gehen soll, fin­de ich hier auch die per­fek­ten Bedin­gun­gen: Wäl­der, Wie­sen, Wan­der­we­ge sind prak­tisch vor der Haus­tür, die gleich­zei­tig inmit­ten einer Groß­stadt liegt. Für mich in Kom­bi­na­ti­on mit der sog. Genuss­re­gi­on inkl. Deutsch­lands höchs­ter Braue­rei­dich­te: über­ra­gend! Wäh­rend ich in den war­men Mona­ten zwi­schen Musik-Open-Air und Grill­platz pend­le, hab ich in den käl­te­ren Mona­ten mehr Zeit, mich über Ver­schie­de­nes zu wun­dern. Vor allem die VGN ist ein für mich als Betriebs­wirt­schaft­ler undurch­sich­ti­ges Unter­neh­men, des­sen Preis­ge­stal­tung bei gleich­zei­tig unbe­frie­di­gen­dem Ange­bot Nürn­berg nicht gut zu Gesicht steht. Ok, aber bevor ich dem Kli­schee des gran­teln­den Fran­ken zu gerecht wer­de: Ich lie­be das Flair der Alt­stadt, die Wär­me, die der Sand­stein noch bis tief in die Nacht abstrahlt, wenn in den Gas­sen die Men­schen der Stil­le Platz machen. Ich lie­be die vie­len Brü­cken, auf denen wir so ger­ne sit­zen, das Trei­ben beob­ach­ten, Teil von ihm wer­den – am bes­ten mit einem Glas Weiß­wein in der Hand. Dol­ce Vita mit­ten in Fran­ken. Perfetto!”

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“Vor fünf Jah­ren ist es uns zum ers­ten Mal rich­tig bewusst­ge­wor­den: Wir waren auf einer Insel im Fami­li­en­ur­laub und haben an jedem Strand viel Ver­pa­ckung, Plas­tik und Abfall gese­hen – teils wird die­ser Müll vom Inland an den Strand gespült oder ver­weht. Da haben wir ein­fach ange­fan­gen, den Müll auf­zu­sam­meln. Damals haben die Leu­te uns komisch ange­schaut — mit­ge­hol­fen hat kei­ner. Heu­te spannt sich unse­re Initia­ti­ve Beach Clea­ner über vie­le Städ­te, Tei­le Euro­pas und sogar bis nach Ame­ri­ka. Wir tref­fen uns zum Müll­sam­meln, hal­ten Vor­trä­ge und regen Dis­kus­sio­nen zu den The­men Nach­hal­tig­keit und Müll­ver­mei­dung an. Es ist höchs­te Zeit, etwas zu tun, unse­re Strän­de, die Natur und Grün­flä­chen in den Städ­ten sind ver­müllt und jeder Mensch kann und soll­te sich betei­li­gen, damit unse­re nach­kom­men­den Gene­ra­tio­nen auch noch eine lebens­wer­te Umwelt haben. Die jun­gen Men­schen haben es ver­stan­den und schla­gen Alarm, egal ob bei den Fri­days for Future Demons­tra­tio­nen oder im Inter­net und auf den Sozia­len Netz­wer­ken – ich fin­de das groß­ar­tig und unter­stüt­ze sie abso­lut. Das Gre­ta-Thun­berg-Bas­hing und die Kri­tik, die Jugend­li­chen wür­de ja nur Schu­le schwän­zen wol­len, fin­de ich ein­fach nur pein­lich und über­holt. Vor­her wur­de den Jün­ge­ren Des­in­ter­es­se an Poli­tik vor­ge­wor­fen, jetzt enga­gie­ren sie sich und for­dern, was ihnen zusteht: Eine Zukunft! Man hät­te schon vor Jahr­zehn­ten die Wei­chen für Grün stel­len müs­sen, jetzt – wo es fast zu spät ist – ist die Umstel­lung natür­lich unbe­quem. Dabei ist es so leicht, im All­tag weni­ger oder kei­nen Müll zu ver­ur­sa­chen: Wir kau­fen unser Gemü­se direkt im Knob­lauch­s­land, stel­len unse­re Wasch- und Putz­mit­tel selbst her und kau­fen sonst im Unver­packt-Laden ein. Ich wür­de mir sehr wün­schen, dass Nürn­berg zur ‘Zero Was­te City’ wird, sich bera­ten lässt und Stra­te­gien zur Müll­ver­mei­dung ent­wi­ckelt. Es gibt mit unse­rer Initia­ti­ve und dem Blue­Pin­gu e.V. vie­le kom­pe­ten­te Men­schen hier, die etwas bewe­gen könn­ten. Ande­re Städ­te machen es vor – mal sehen, wann Nürn­berg nachzieht.”

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“Was das Tol­le ist an der heu­ti­gen Zeit, der Kul­tur­land­schaft einer Groß­stadt? Dass wir alle nicht mehr geo­gra­phisch gebun­den sind son­dern frei dar­in, uns selbst zu fin­den – auch kul­tu­rell. Gera­de dar­um den­ke ich, Auf­ga­be und Selbstverständnis einer Groß­stadt, in der vie­le ver­schie­de­ne Völker und Kul­tu­ren ver­sam­melt sind, ist es, Wege zu fin­den, mit­ein­an­der zu sein und zu inter­agie­ren, aber auch aktiv die Möglichkeit zu bie­ten, sich mit­ein­an­der zu ver­mi­schen. Des­halb fin­de ich Glo­bal Art Nürn­berg so toll. Hier geht es dar­um, zwei ver­meint­lich völlig ver­schie­den­ar­ti­ge kul­tu­rel­le Aspek­te mit­ein­an­der zu verknüpfen und dar­aus etwas Neu­es ent­ste­hen zu las­sen. Ich selbst bin Angehörige der tami­li­schen Com­mu­ni­ty: Mei­ne Eltern kamen vor 30 Jah­ren als Bürgerkriegsflüchtlinge aus Sri Lan­ka in das Auf­nah­me­zen­trum Zirn­dorf, haben schwer gear­bei­tet, um ihren Kin­dern opti­ma­le Lebens­be­din­gun­gen, vor allem eine aus­ge­zeich­ne­te nicht zuletzt kul­tu­rel­le Bil­dung zu ermöglichen. Dazu gehörte für sie aber auch immer die Wah­rung unse­rer tami­li­schen Tra­di­ti­on, und dar­um habe ich von klein auf klas­si­schen indi­schen Tem­pel­tanz gelernt. Tanz ist für mich die höchste Form des Bewusst­seins, eine Form der Medi­ta­ti­on – und etwas, das ich ger­ne an alle wei­ter­ge­ben möchte, auch außer­halb unse­rer Com­mu­ni­ty. Wir leh­ren nicht nur den Tanz, son­dern die dazugehörige Geschich­te und respekt­vol­le Hal­tung, die ich als in der hie­si­gen Kul­tur wenig vor­han­den emp­fin­de. Die Arbeit wird uns Akteu­ren in Nürnberg aller­dings oft schwer gemacht – schon allei­ne dadurch, dass es kaum Räume gibt, die zur Verfügung zu stel­len zur Auf­ga­be einer Stadt­ver­wal­tung gehört. Die Stadt fördert auch lei­der oft lie­ber Bekann­tes anstatt Neu­es aus­zu­pro­bie­ren. Die Arbeit von N2025 hat eine wich­ti­ge Öffnung geschaf­fen. Wir sind auf dem rich­ti­gen Weg.”

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“Nürn­berg? Für mich eigent­lich per­fekt, abge­se­hen davon, dass ich mir ein Alter auf dem Land wün­sche. Ich habe zu vie­le erlebt, die mit gro­ßen Wün­schen und Träu­men nach Ber­lin oder Ham­burg gegan­gen sind. Und dort unter­ge­hen, von ihrem Traum abkom­men, irgend­wie ver­su­chen, zu über­le­ben – oder eben wie­der zurück­kom­men. Hier hast du mehr Chan­cen, weil es weni­ger Leu­te gibt, die Kunst und Kul­tur machen, genug Platz ist für alle, sei’s Foto, Male­rei oder Thea­ter. Aber lei­der ist auch alles furcht­bar büro­kra­tisch, im Ver­gleich zu and­ren Städ­ten ist der Auf­wand, eine Ver­an­stal­tung hoch­zu­zie­hen, irr­sin­nig, es wer­den einem stän­dig Stei­ne in den Weg gelegt. Ob das ein Nürn­ber­ger Pro­blem ist oder gene­rell ein baye­ri­sches, das weiß ich nicht. In Ber­lin gibt es mit­ten in der Stadt ein selbst­ver­wal­te­tes Kunst- und Kul­tur­zen­trum auf einem Park­h­aus­dach – wie schön wäre das bei uns? Aber wenn du sowas hier bean­tra­gen wür­dest, da lacht die Stadt dich doch nur aus, nach sowas brauchst du gar nicht zu fra­gen. Ich habe den Ein­druck, dass es man­che Ein­rich­tun­gen leich­ter habem als ande­ren. Viel­leicht sit­zen an den ver­ant­wort­li­chen Stel­len auch zu weni­ge Men­schen, die wirk­lich Ahnung vom Kul­tur­be­trieb haben, vor allem von der Sub­kul­tur. Trotz­al­le­dem ist Nürn­berg für mich per­fekt, hat die die­se herr­lich über­schau­ba­re Grö­ße, in der du alles errei­chen, alles mit­be­kom­men kannst, wenn du willst, hat wahn­sin­nig vie­le gute Leu­te, die einen groß­ar­ti­gen Kul­tur­be­trieb stem­men – und lei­der aber oft anders­wo hin­ge­hen, weil sie hier nicht wei­ter­kom­men. Wenn man ‘Kul­tur­haupt­stadt’ als Aus­zeich­nung ver­steht, die bedeu­tet ‘ihr macht alles rich­tig’, dann ver­dient Nürn­berg den Titel mei­ner Mei­nung nach nicht. Aber es wäre toll, wenn der Bewer­bungs­pro­zess Ver­än­de­run­gen mit sich brin­gen wür­de – bei­spiels­wei­se eine bes­se­re finan­zi­el­le Unter­stüt­zung der Sub­kul­tur. Vor allem aber eine Locke­rung der büro­kra­ti­schen Hür­den. Wenn jemand die Aus­zeich­nung ver­dient hat, dann die Kul­tur­schaf­fen­den selbst.”

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“Als 12-Jäh­ri­ge habe ich auf einer Bra­vo-Hits-CD eine orches­tra­le Ver­si­on von „Not­hing Else Mat­ters“ von Metal­li­ca ent­deckt. Sowas hat­te ich vor­her noch nie gehört und so war mei­ne Lie­be für Metal gebo­ren. Als ich gehört habe, dass Nürn­berg sich um den Titel Kul­tur­haupt­stadt bewirbt, war mein ers­ter Gedan­ke, dass ich mich ger­ne aktiv ein­brin­gen wür­de. Wenn schon die Mög­lich­keit besteht, dass mehr für die Kul­tur in unse­rer Stadt getan wird, möch­te ich mein Gen­re auch ger­ne ver­tre­ten sehen. Mit fünf bis zehn Freun­den ver­an­stal­te ich seit eini­gen Jah­ren Kon­zer­te im Metal­be­reich und bin seit 2015 Sän­ge­rin in einer Metal­band (@kafkaesque.band). In unse­rem Under­ground-Gen­re ist es oft nicht so leicht an Auf­tritts­mög­lich­kei­ten zu kom­men, also haben wir es ein­fach selbst in die Hand genom­men und die Kon­zert­rei­he „@scheppercore” gegrün­det. Es war gleich zu spü­ren, dass hier ein wahn­sin­ni­ger Bedarf besteht. Unheim­lich vie­le Bands mel­den sich bei uns, meist aus der Regi­on aber auch von außer­halb und möch­ten ger­ne Shows bei uns spie­len. Im Schnitt haben wir bay­ern­weit sie­ben Shows pro Jahr, bei­spiels­wei­se im Z‑Bau oder im E‑Werk Erlan­gen , bei denen meist 150 bis 200 Zuschau­er am Start sind. Immer wie­der stel­le ich fest, dass sich vie­le Bands der Sze­ne in Nürn­berg oder Fran­ken unter­ein­an­der gar nicht ken­nen. Mit unse­rer Kon­zert­rei­he haben wir einen Treff­punkt ein­ge­rich­tet, man lernt sich ken­nen und tauscht sich aus. Gera­de im Under­ground muss man zusam­men­hal­ten und aktiv etwas für die Gemein­schaft tun, das fin­de ich sehr wich­tig. Wir machen das alle aus Lie­be und Herz­blut für unse­re Musik. Den­noch klappt es nicht ohne Unter­stüt­zung von außen – von Kul­tur­ein­rich­tun­gen zum Bei­spiel. Ein biss­chen mehr För­de­rung wür­den wir uns aber wün­schen, Pro­be­räu­me und Treff­punk­te feh­len seit Jah­ren in Nürn­berg und auch bezahl­ba­re Ver­an­stal­tungs­or­te sind rar. Da kann eine Kul­tur­haupt­stadt ja viel­leicht einen posi­ti­ven Ein­fluss haben.”

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“Obwohl Deutsch mei­ne Mut­ter­spra­che ist, sin­ge ich am liebs­ten auf Eng­lisch und schrei­be auch alle mei­ne Lie­der auf Eng­lisch. Ich mag die Spra­che sehr ger­ne und es fällt mir irgend­wie leich­ter, mich künst­le­risch aus­zu­drü­cken. Nicht sel­ten wer­de ich mit dem Kli­schee kon­fron­tiert, dass ich von Natur aus mehr Rhyth­mus hät­te, weil ich afri­ka­ni­sche Wur­zeln habe. Ich sehe das nicht so und fin­de sol­che Aus­sa­gen recht plump. Irgend­wann war es ein­fach logisch für mich pro­fes­sio­nel­le Sän­ge­rin zu wer­den, weil es das ist, was ich ger­ne mache. Vor dem Stu­di­um wuss­te ich nicht zu hun­dert Pro­zent, was da auf mich zukommt. Als Sän­ge­rin lebt man oft­mals von Enga­ge­ment zu Enga­ge­ment, da ich aber kein sehr gro­ßes Sicher­heits­be­dürf­nis habe, kom­me ich super damit klar. Ich schaf­fe es auch immer irgend­wie, mir alles zu ermög­li­chen, wor­auf ich Lust habe. Ich rei­se ger­ne, brau­che aber kein Luxus-Hotel, ich ste­he nicht auf gro­ße Autos und habe auch noch kei­ne Kin­der, die ich zu ver­sor­gen habe. Ich bin gera­de frei und kann das machen, was ich lie­be und was sich für mich rich­tig anfühlt. Für die­ses Pri­vi­leg bin ich sehr dankbar.”

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„Ich muss­te mich in mei­nem Leben immer wie­der neu erfin­den und durch­mo­geln. Nach dem Krieg habe ich mich auf einem Güter­zug nach Schle­si­en durch­ge­schla­gen und auf dem Schwarz­markt mit Salz und Zucker gehan­delt, um mei­ne Fami­lie aus dem Lager zu holen. Spä­ter habe ich im Lot­to gewon­nen, von dem Gewinn ein mobi­les Kino auf­ge­baut und arbei­te­te schließ­lich bei einem frän­ki­schen Geträn­ke­her­stel­ler. Mit 16 Jah­ren lern­te ich in der Hit­ler-Jugend ein Segel­flug­zeug zu flie­gen. 1943 mel­de­te ich mich frei­wil­lig für eine Son­der­ein­heit und wur­de zum Füh­ren eines Las­ten­seg­lers und zum Fall­schirm­sprin­ger aus­ge­bil­det. Eines Tages hieß es, wir sol­len unse­re Flie­ger­be­klei­dung gegen Matro­sen­an­zü­ge tau­schen. Wir wur­den nach Kiel, dann nach Ita­li­en geschickt. Bei der Aus­bil­dung zum ‘Mee­res­kämp­fer’ schwam­men wir täg­lich hun­der­te von Bah­nen teils bis spät in die Nacht. Unse­re Kampf­schwim­mer-Aus­rüs­tung bestand aus einem Gum­mi­an­zug von 3 mm Dicke, Ober­teil und Hose waren durch einen Gum­mi­gür­tel mit­ein­an­der ver­bun­den. Dar­un­ter tru­gen wir Wäsche aus Wol­le. Im Okto­ber 1944 erhiel­ten wir den Auf­trag, im Hafen von Anco­na Kriegs­schif­fe zu ver­sen­ken. Wäh­rend des Ein­sat­zes wur­den U‑Boote geor­tet und der Rück­zug geor­dert. Bei einem Wel­len­gang von fünf Metern ging es nur noch um das Über­le­ben und als unse­rer ‚Nuss­scha­le‘ der Treib­stoff aus­ging, schwam­men wir 13 Stun­den lang ans siche­re Land. Im Früh­jahr 1945 war mei­ne Trup­pe an der Oder damit beauf­tragt, Brü­cken zu spren­gen, um die her­an­mar­schie­ren­de Rote Armee auf­zu­hal­ten. Vom Kriegs­en­de beka­men wir erst Tage spä­ter etwas mit. Ich kam in eng­li­sche Gefan­gen­schaft nach Schles­wig-Hol­stein- ich war 19 Jah­re alt. Was ist Krieg? Die Macht­be­ses­sen­heit eini­ger weni­ger Poten­ta­ten, die die Welt ver­än­dern wol­len. Ihr Ego ist so groß, dass sie die Rea­li­tät zur Umwelt ver­lie­ren. Wenn man als jun­ger Mensch in so einem Sys­tem auf­wächst, sieht man vie­les erst im Nach­hin­ein. Wenn ich mir heu­te jun­ge Men­schen anse­he, ver­mis­se ich oft einen gewis­sen Erfin­der­geist und Mut. Mein Leben hat­te so vie­le Epi­so­den, doch ich habe nie auf­ge­ben. Die­se Ener­gie möch­te ich an nächs­te Gene­ra­tio­nen weitergeben.“

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„Wenn man als Social-Media-Redak­teu­rin arbei­tet, braucht man ein dickes Fell. Begeg­net man im All­tag frem­den Men­schen mit Höf­lich­keit und Ver­ständ­nis, schei­nen bei vie­len Men­schen im Netz hin­ge­gen die Hem­mun­gen zu fal­len und die Umgangs­for­men zu ver­ro­hen. Natür­lich ‘wird man ja wohl noch sagen dür­fen’ und auch die Mei­nungs­frei­heit möch­te ich abso­lut nicht angrei­fen. Ein kri­ti­scher Geist ist immer gut und eine frucht­ba­re Dis­kus­si­on bringt mei­ner Mei­nung nach mehr, als ein Kon­sens aus Bequem­lich­keit. Genau das fand ich an der Nürn­ber­ger Bewer­bung als Kul­tur­haupt­stadt von Anfang an so span­nend: Man legt den Fin­ger in die Wun­de, macht auf Miss­stän­de auf­merk­sam und stößt an vie­len Stel­len Ver­än­de­run­gen an. Natür­lich kön­nen wir Ver­bes­se­run­gen oder Ver­än­de­run­gen oft­mals nicht unmit­tel­bar umset­zen, kön­nen manch­mal auch nur Denk­an­stö­ße geben oder den Fokus ver­schie­ben. Vie­le Pro­zes­se brau­chen auch Zeit. Ich wür­de mir wün­schen, dass sich mehr Men­schen in Nürn­berg kon­struk­tiv an der Gestal­tung ihrer Stadt und ihres Lebens­rau­mes betei­li­gen. Ein­fach ein­mal selbst anpa­cken, etwas ent­wick­len oder Ideen rei­fen las­sen, statt nur zu kri­ti­sie­ren und Neue­run­gen prompt abzu­leh­nen. Ich glau­be dar­an, dass posi­ti­ve Ener­gie mehr bewir­ken kann, als nega­ti­ve. In mei­nen Augen könn­te man in Nürn­berg offe­ner sein, für Ein­flüs­se von außen, für Inno­va­tio­nen und für Unbe­kann­tes. Manch­mal zei­gen sich Men­schen, die mich ken­nen­ler­nen über­rascht, dass ich in Rumä­ni­en gebo­ren bin. ‚Mensch, das merkt man dir ja gar nicht an‘, höre ich dann nicht sel­ten. Ich fra­ge mich, ob das ein Kom­pli­ment sein soll und wie sich die­se Leu­te eine Rumä­nin vor­stel­len. Ich hof­fe sehr, dass wir die Men­schen in die­ser Stadt und in Euro­pa näher zusam­men­brin­gen und dabei hel­fen, Hem­mun­gen und Vor­ur­tei­le in den Köp­fen abzu­bau­en, des­halb auch die Idee von #human­sof­nürn­berg. Damit wir nicht nur fried­lich neben­ein­an­der, son­dern krea­tiv und offen mit­ein­an­der leben und unse­re Welt gestalten.“

Oli­via Barth-Jur­ca, Pres­se- & Öffent­lich­keits­ar­beit, Online- & Social-Media-Redak­ti­on, N2025 Bewerbungsbüro

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„Als Süd­ame­ri­ka­ne­rin nach Nürn­berg zu kom­men, war für mich ein gro­ßes Aben­teu­er. Ich woll­te hier eigent­lich nur ein paar Mona­te Urlaub machen. Es war ein schö­ner, sehr hei­ßer Som­mer und ich ver­lieb­te mich in die­se Stadt und die Men­schen. Als Stu­den­tin zog ich ins Stu­den­ten­wohn­heim hier im Hei­lig-Geist-Haus, wo jetzt unser Büro ist — ich wohn­te damals sogar auf der glei­chen Eta­ge. Am Ende mei­nes Stu­di­ums hat­te ich immer im Kopf zurück nach Peru zu keh­ren, als ich mei­nen jet­zi­gen Mann ken­nen­lern­te, hei­ra­te­te und wir unse­re Toch­ter beka­men. Jetzt lebe ich schon seit über zehn Jah­ren in Nürn­berg. Ich wer­de manch­mal gefragt, wie ich mit der Men­ta­li­tät der Deut­schen bzw. Nürn­ber­ger klar­kom­me. Süd­ame­ri­ka­ner gel­ten als immer freund­lich und offen, wäh­rend die Deut­schen eher als ver­klemmt und steif ver­schrien sind. Die­ses Kli­schee kann nicht gar nicht bestä­ti­gen. Ich bin hier auf sehr lie­bens­wer­te und inter­es­san­te Men­schen getrof­fen. Was ich bis heu­te aber etwas kuri­os fin­de ist, dass man hier oft sehr miss­trau­isch gegen­über ande­ren ist und wenig Ver­trau­en hat, wo man hier doch viel Sicher­hei­ten hat und im All­tag kaum Ängs­te haben muss. Durch Kul­tur habe ich Nürn­berg ken­nen­ge­lernt, die Tra­di­tio­nen aber auch die moder­nen Sei­ten. Des­halb gefällt mir die Arbeit für N2025 auch so gut. In der Ver­wal­tung kom­me ich mit vie­len ver­schie­de­nen Men­schen in Berüh­rung – oft auch inter­na­tio­nal. Der Titel Kul­tur­haupt­stadt Euro­pas bedeu­tet für Nürn­berg eine gro­ße Her­aus­for­de­rung in vie­len Aspek­ten. Im Bewer­bungs­pro­zess sind alle Bewoh­ner ein­ge­la­den sich aktiv zu betei­li­gen, mit Ideen aber auch mit dem eige­nen Ver­hal­ten und der Außen­wir­kung. Bis zum Jah­re 2025 wür­de ich mir wün­schen, dass sich jede*r Nürnberger*in – und sei es der Taxi­fah­rer, die Brat­wurst­ver­käu­fe­rin oder der Buden­be­sit­zer – als Botschafter*in Nürn­bergs ver­steht und so auch freund­lich und offen allen Gäs­ten und Tou­ris­ten begegnet.“

Maria Rink, Ver­wal­tung, N2025 Bewerbungsbüro

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„Ich fand die Idee sofort span­nend, dass Nürn­berg, die Stadt, in der ich gebo­ren und auf­ge­wach­sen bin, sich auf den Weg zur Kul­tur­haupt­stadt Euro­pas macht. Ich kam im Rah­men mei­nes Mas­ter­stu­di­ums ‘Kul­tur­päd­ago­gik und Kul­tur­ma­nage­ment’ als Prak­ti­kan­tin ins Team und bin nun als Pro­jekt­mit­ar­bei­te­rin Teil des Bewer­bungs­bü­ros. Ich habe bereits in unter­schied­li­chen Kul­tur­ein­rich­tun­gen und für ver­schie­de­ne Pro­jek­te in Städ­ten wie Augs­burg oder Mön­chen­glad­bach gear­bei­tet, in mei­nen Augen gibt es aber kein viel­schich­ti­ge­res Pro­jekt als die­ses. Bei N2025 geht es um die gan­ze Stadt inklu­si­ve der Regi­on, um Stadt­ent­wick­lung und um das Spin­nen und Ermög­li­chen von Ideen unter dem Dach eines maxi­mal brei­ten Kul­tur­be­griffs. Ich fin­de es beson­ders schön, dass wir in unse­rer Arbeit auf ver­schie­de­nen Wegen mit vie­len Men­schen in Kon­takt tre­ten und mit Kulturhauptstadt-Befürworter*innen, Künstler*innen, Kul­tur­schaf­fen­den, Akti­ven aus den unter­schied­lichs­ten Berei­chen, aber auch mit Kritiker*innen der Idee ins Gespräch kom­men. Bei unse­ren Aktio­nen mit dem mobi­len Büro oder dem Plausch­be­cken spürt man direkt sehr vie­le posi­ti­ve Vibes, aber auch sonst wer­den immer wie­der tol­le Ideen an uns her­an­ge­tra­gen. Man spürt, dass in Nürn­berg viel Poten­zi­al schlum­mert und es ist unglaub­lich span­nend, sich gemein­sam auf die Rei­se in die Zukunft unse­rer Stadt und unse­rer Regi­on zu bege­ben. Das bedeu­tet für uns alle: aus­pro­bie­ren, hin­ter­fra­gen, neu den­ken, anders den­ken, expe­ri­men­tie­ren, spie­len, dis­ku­tie­ren, sich aus­tau­schen, schaf­fen, gestal­ten — gemeinsam.“

Han­nah Straub, Pro­jekt­ma­nage­ment & Ein­bin­dung Metro­pol­re­gi­on, N2025 Bewerbungsbüro

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“Als gebür­ti­ge Münch­ne­rin mit ukrai­ni­schen Wur­zeln Nürn­berg auf die Kul­tur­haupt­stadt vor­zu­be­rei­ten ist schon irgend­wie wit­zig. Ich bin im Ver­lauf mei­nes Lebens oft aus Nürn­berg weg, aber auch immer wie­der zurück gezo­gen. Ich lebe sehr ger­ne hier. Nürn­berg hat so vie­le Geheim­nis­se und ver­ste­cke Poten­tia­le, die ich super span­nend fin­de und die ein­fach nur die Chan­ce brau­chen, an die Ober­flä­che zu kom­men. Genau das macht mei­nen Job so span­nend. Ich kann vie­len Men­schen die Mög­lich­keit geben Kul­tur zu machen und zu schaf­fen und unse­re Stadt nach und nach zu ver­än­dern. Man­che Akteu­re möch­ten ger­ne sofort alles ver­än­dern, am bes­ten schon ges­tern. Trans­for­ma­ti­ons­pro­zes­se brau­chen aber auch Zeit und Geduld, um nach­hal­tig wir­ken zu kön­nen. Als Kind habe ich in der Nord­stadt gelebt. Ich bin nie in den Süden gekom­men, es gab kei­nen Anlass. Heu­te lebe ich im Süden, ler­ne vie­le neue span­nen­de Aspek­te unse­rer Stadt und unse­rer diver­sen Gesell­schaft ken­nen und sto­ße auf unheim­lich vie­le Gegen­sät­ze. Schon von zu Hau­se ken­ne ich Trans­kul­tu­ra­li­tät, ich bin drei­spra­chig auf­ge­wach­sen, was natür­lich auch mei­ne Sicht­wei­se auf ver­schie­de­ne Lebens­wei­sen und Ste­reo­ty­pen beein­flusst. Vor kur­zem kam ein älte­rer Herr auf mich zu und sag­te mir, ich sähe gar nicht ukrai­nisch aus. Dar­an sieht man in wel­chen Schub­la­den wir noch leben. Ich hof­fe sehr, dass wir durch die Kul­tur­haupt­stadt sol­che Gedan­ken auf­bre­chen und die Stadt­ge­mein­schaft in ihrer Diver­si­tät näher zusam­men­brin­gen können.” 

Tan­ja Ehr­lein, Out­reach & Audi­ence Deve­lo­p­ment, N2025 Bewerbungsbüro

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„Ich bin in einem beschau­li­chen – sor­ry Peters­aurach — „Kaff“ in der Metro­pol­re­gi­on auf­ge­wach­sen und kam als Jugend­li­cher vor allem nach Nürn­berg, um ein­zu­kau­fen, ins Kino zu gehen oder auch mal ein Kon­zert im Hirsch zu besu­chen. Heu­te, wo ich seit 2 Jah­ren hier lebe, sehe ich die Stadt natür­lich mit ganz ande­ren Augen. An so einer Bewer­bung selbst mit­zu­ar­bei­ten, ist aber ein gro­ßes Aben­teu­er, das täg­lich Über­ra­schun­gen birgt. Für mich ist Nürn­berg eine groß­ar­ti­ge Stadt, so vol­ler Wider­sprü­che. Eine Stadt die wahn­sin­nig schön, an man­chen Ecken aber auch bemer­kens­wert häss­lich sein kann. Es gibt so viel Inter­na­tio­na­li­tät, Welt­of­fen­heit und Ver­rück­tes hier, dann gibt es aber auch Berei­che, die über­ra­schend klein­geis­tig, ver­schlos­sen und alt­mo­disch für eine Stadt die­ser Grö­ße sind. Wir Fran­ken sind sehr stolz und doch auch irgend­wie in Selbst­zwei­feln gefan­gen. All die­se Wider­sprü­che in der Sum­me machen den Charme aus, den es nur hier gibt. Nürn­berg ist gera­de auf dem Sprung, das spürt man. Es gibt so vie­le Initia­ti­ven, die die Stadt vor­an­brin­gen wol­len. Die Kul­tur­haupt­stadt-Bewer­bung kann dafür ein zusätz­li­cher Kata­ly­sa­tor sein. Und Nürn­berg hat Euro­pa viel zu erzäh­len. Ich bin oft in Buda­pest, mei­ne Frau ist Unga­rin und ich habe dort auch 2 Jah­re lang gelebt. In Ungarn sieht man lei­der gera­de, wie die Ver­gan­gen­heit für natio­na­lis­ti­sche Rhe­to­rik und für dubio­se poli­ti­sche Zwe­cke instru­men­ta­li­siert wird. Die Ras­se­ge­set­ze von 1935, die Reichs­par­tei­ta­ge ab 1927 und die Nürn­ber­ger Pro­zes­se ab 1945, nicht ver­ges­sen dür­fen wir auch die drei NSU-Mor­de: Nürn­berg kann wie kei­ne ande­re Stadt mit ganz Euro­pa ver­han­deln, war­um Natio­na­lis­mus auch im 21. Jahr­hun­dert kei­ne gute Idee sein kann. Das Ler­nen aus der Geschich­te ist heu­te so wich­tig für Euro­pa wie nie. Gleich­zei­tig dür­fen wir aber nicht bei „Ver­gan­gen­heits­be­wäl­ti­gung“ ste­hen blei­ben. Wir könn­ten doch auch mal in Zukunfts­mo­dus schal­ten und neue Wege in die rich­ti­ge Rich­tung gehen. Genau das bedeu­tet das Mot­to der Kul­tur­haupt­stadt-Bewer­bung „Past For­ward“ für mich.“

Nico Degen­kolb, Euro­päi­sche Dimen­si­on, Ein­bin­dung Metro­pol­re­gi­on, N2025 Bewerbungsbüro

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“Im Bewer­bungs­bü­ro ist kein Tag wie der ande­re. Ver­wal­tungs­tä­tig­kei­ten im Kul­tur­be­reich sind alles ande­re als ein­tö­nig und drö­ge, im Gegen­teil, die Arbeit bei N2025 ist für mich sehr abwechs­lungs­reich und span­nend. Kul­tur inter­es­sier­te mich schon immer sehr, die inter­na­tio­na­len Gäs­te, die uns besu­chen, die span­nen­den Künst­le­rin­nen und Künst­ler, mit denen wir zu tun haben, die vie­len krea­ti­ven Ideen, die uns errei­chen … Ein­mal hat­te ich völ­lig unver­hofft Rena­te Schmidt per­sön­lich am Tele­fon. Das war schon etwas Beson­de­res für mich. Ich bin froh Teil die­ser Rei­se zur Kul­tur­haupt­stadt sein zu dür­fen und bin auch ein biss­chen stolz dar­auf, dass ich mei­nen Bei­trag dazu leis­ten kann. Beson­ders seit ich Oma gewor­den bin, liegt mir das The­ma Nach­hal­tig­keit sehr am Her­zen. Ich wür­de mir für mei­ne bei­den Enkel­kin­der wün­schen, dass Nürn­berg grü­ner wird und mehr Spiel­plät­ze ent­ste­hen. Ich bin sehr viel mit dem Fahr­rad unter­wegs, habe erst jetzt im Som­mer­ur­laub 900 Kilo­me­ter auf dem Rad zurück­ge­legt. Das Fahr­rad­netz in Nürn­berg muss viel bes­ser aus­ge­baut wer­den, damit mehr Fahr­rä­der und weni­ger Autos in der Stadt unter­wegs sind. Dafür könn­te die Rad­we­ge­struk­tur und –beschaf­fen­heit in Hol­land als gutes Bei­spiel die­nen. Zudem wer­den vie­le Plät­ze in Nürn­berg kaum genutzt, oft sind sie bepflas­tert oder beto­niert. Ich wür­de mir eine Begrü­nung und Bele­bung sol­cher Plät­ze wün­schen. Ich bin mir sicher, dass wir den Titel “Kul­tur­haupt­stadt Euro­pas 2025” bekom­men und somit vie­les in der Stadt posi­tiv ver­än­dern können.”

Bir­git Kor­der, Ver­wal­tung, N2025 Bewerbungsbüro

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„Ich lebe seit mei­ner Geburt in Nürn­berg und Umge­bung, füh­le mich hier daheim und emo­tio­nal ver­bun­den mit die­ser Stadt. Für mich ist es gera­de des­halb sehr span­nend, den Weg zur Euro­päi­schen Kul­tur­haupt­stadt mit­zu­ge­stal­ten. Die vie­len Men­schen die man trifft, die neu­en Facet­ten, die man von der Stadt ken­nen­lernt – all das macht unser Pro­jekt so beson­ders für mich. In der Öffent­lich­keits­ar­beit wird man oft sehr direkt mit Mei­nun­gen, Kri­tik und Reak­tio­nen der Men­schen kon­fron­tiert. Die einen kön­nen das The­ma Kul­tur­haupt­stadt schon nicht mehr hören. Die ande­ren kri­ti­sie­ren, man bekä­me zu wenig mit und wir hät­ten die Bevöl­ke­rung noch nicht erreicht. N2025 ist aber ein Mara­thon und kein 100 Meter Sprint. Es ist nicht leicht, die Men­schen jetzt schon zu eupho­ri­sie­ren, für eine Idee, die noch so weit weg scheint. Ich habe aber das Gefühl, wir haben schon einen guten Teil der Nürn­ber­ger erreicht und hof­fe natür­lich, dass wir noch vie­le für die Kul­tur­haupt­stadt begeis­tern kön­nen. Eines mei­ner High­lights bis­her war, die groß­ar­ti­ge Grup­pe Rimi­ni Pro­to­koll in der Stadt zu erle­ben — durch ihr Per­for­mance-Thea­ter bekam ich eine völ­lig neue Sicht auf Nürn­berg. Auch unser neu­es Design und unse­ren Cla­im PAS­T­FOR­WARD fin­de ich klas­se und bin sehr über­zeugt davon. Manch­mal wird nicht nur in den Kom­men­tar­spal­ten Kul­tur gegen Sozia­les aus­ge­spielt, was ich sehr scha­de fin­de. Natür­lich müs­sen sozia­le Aspek­te stim­men — gute Schu­len, Kin­der­gär­ten und Infra­struk­tur sind wich­tig. Kunst & Kul­tur dür­fen dabei aber nicht ver­ges­sen wer­den – eine Stadt braucht immer bei­des. Das wird gera­de heu­te wich­ti­ger, wenn man Ant­wor­ten auf die gro­ßen Pro­ble­me unse­rer Zeit fin­den will. Ich wün­sche mir, dass die Nürn­ber­ger enger zusam­men­rü­cken, etwas offe­ner und locke­rer wer­den im Umgang mit­ein­an­der. Eines der gro­ßen The­men unse­rer Zeit ist das The­ma Umwelt. Hier wün­sche ich mir ein Umden­ken, dass nicht nur kurz­fris­tig ist – mal eben ein paar Bäu­me gepflanzt – son­dern ein Umwelt­be­wusst­sein, das tief in den Köp­fen ver­an­kert ist.“

Andre­as Kist, Pres­se- & Öffent­lich­keits­ar­beit, N2025 Bewerbungsbüro

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„Bevor ich als Lei­ter des Bewer­bungs­bü­ros hier­her kam, hat­te ich kein Bild von Nürn­berg. Zu Beginn konn­te ich mich mit vie­len Aspek­ten die­ser Stadt nicht anfreun­den. Köln, wo ich vie­le Jah­re ver­bracht habe, ist allein schon archi­tek­to­nisch viel offe­ner. Die Nürn­ber­ger Innen­stadt ist durch die Burg­mau­er regel­recht abge­schirmt, und auch die Struk­tu­ren sind hier an man­chen Stel­len starr und über­re­gu­liert. Es gab aber einen Moment im Früh­jahr, da habe ich Nürn­berg plötz­lich mit ganz ande­ren Augen gese­hen. Es war einer der ers­ten lau­en Aben­de des Jah­res, die Men­schen waren drau­ßen unter­wegs und saßen zusam­men. Ich ging durch die Stadt und dach­te: ‚Och, ist ja eigent­lich schon schön hier‘. Die Nürnberger*innen haben von sich das Bild, dass sie zurück­hal­tend sei­en. Ich bin hier aber von Anfang an offen, hilfs­be­rei­ten und gesprä­chi­gen Men­schen begeg­net. Mit mei­nen Nach­barn hal­te ich immer ein Schwätz­chen, wenn wir uns begeg­nen. Ob ich nun mit einem Bewoh­ner auf dem Süd­stadt­fest über unse­re Plä­ne für die Kul­tur­haupt­stadt spre­che, oder mit dem Ober­bür­ger­meis­ter über dem Bewer­bungs­buch brü­te, jeder Tag ist anders in mei­nem Job und genau das ist das Span­nen­de für mich. Ich wer­de lau­fend mit für mich neu­en Din­gen kon­fron­tiert. Ich habe zuvor in der Kul­tur­för­de­rung gear­bei­tet und The­men wie bei­spiels­wei­se Bar­rie­re­frei­heit oder Fra­gen der Stadt­ent­wick­lung sind neue Gebie­te für mich, die für unse­re Bewer­bung aber essen­ti­ell sind. Es gibt auch vie­le unter­schied­li­che Erwar­tun­gen der Men­schen an uns, die wir sicher nicht alle erfül­len kön­nen. Ob es die Frau ist, die sich wegen der Qua­li­tät der gel­ben Säcke an uns wen­det, oder der Vater, der sich wünscht mit sei­nem Sohn auf dem Bal­kon in der Wölck­ern­stra­ße in Ruhe sit­zen zu kön­nen, ohne Auto­lärm und Abga­se. In vie­len Berei­chen kön­nen wir Ver­än­de­run­gen nur ansto­ßen und die rich­ti­ge Rich­tung wei­sen. Nürn­berg ist in vie­len Köp­fen noch ‚Dürer und Füh­rer‘. Mit der Kul­tur­haupt­stadt möch­ten wir die­sem Kli­schee etwas ent­ge­gen­set­zen, denn Nürn­berg ist viel mehr.“

Prof. Dr. Hans-Joa­chim Wag­ner, Lei­ter N2025 Bewerbungsbüro

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„Ich fin­de gar nicht, dass die Fran­ken so mot­zig oder muf­fe­lig sind, wie es ihnen oft nach­ge­sagt wird. Wie man in den Wald hin­ein­ruft, so schallt es eben her­aus. Wenn man nett zu den Leu­ten ist, sind sie auch nett zu einem, das ist über­all so, auch in Nürn­berg. Ich lie­be die Stadt sehr und füh­le mich super wohl hier! Nürn­berg ist groß genug, aber nicht zu groß. Ich kann hier im Club bis zum Mor­gen­grau­en tan­zen, aber auch in Ruhe die Aus­sicht von der Burg aus genie­ßen. Ich bin mit 23 Jah­ren von Hers­bruck hier­her­ge­zo­gen, habe hier die Mode­schu­le als Mode­schnei­de­rin abge­schlos­sen und bin anschlie­ßend Fri­seur­meis­te­rin gewor­den. Seit ich vor ein paar Jah­ren zum Spaß an einem Wrest­ling-Event (NBG Trash Wrest­ling) teil­ge­nom­men habe, hat sich eine gro­ße Lei­den­schaft ent­wi­ckelt. Als ich mei­nen Eltern erzählt habe, dass ich ger­ne Wrest­ling betrei­ben möch­te, haben sie mich für ver­rückt erklärt. Sie konn­ten nicht nach­voll­zie­hen, war­um ich als Erwach­se­ne anfan­gen möch­te mich zu prü­geln, nach­dem ich doch als Kind behü­tet auf­ge­wach­sen bin. Die Wrest­ling-Schu­le in Heß­dorf ist für mich mei­ne hei­li­ge Hal­le. Hier sind alle gleich, ob ich Fri­seu­rin oder eine Frau in die­ser Män­ner­do­mä­ne bin, inter­es­siert nie­man­den. Man schal­tet völ­lig das Hirn aus und ist ganz bei der Sache. Das habe ich so noch bei kei­nem Sport oder Hob­by erlebt. Ich lebe hier mein inne­res Kind aus, kom­me in Bewe­gung und ich mag es, rich­tig kör­per­lich zu wer­den. Ich lie­be mei­nen Beruf als Fri­seu­rin, aber den gan­zen Tag um den Stuhl her­um­zu­lau­fen ist mir nicht genug. Nach einem Wrest­ling-Trai­ning kommt man vol­ler posi­ti­ver Ener­gie raus, fühlt sich ein­fach stark, als kön­ne einem nie­mand etwas anha­ben. Auch wenn alle sagen, ich hät­te einen Schlag weg, ich möch­te immer bes­ser wer­den und eines Tages viel­leicht sogar pro­fes­sio­nell wrest­len. Das wäre mein Traum.“

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„Seit acht Jah­ren bin ich mit mei­ner Frau ver­hei­ra­tet. Wir leb­ten in Odes­sa, ich war Foto­gra­fin und mei­ne Frau betrieb ein eige­nes Café. Wir hat­ten in der Ukrai­ne im All­tag oft mit Anfein­dun­gen zu kämp­fen, unse­re Freun­de und Fami­li­en wand­ten sich von uns ab, als sie von unse­rer Bezie­hung erfuh­ren und als eines Tages unser Auto in Brand gesteckt wur­de, fasst wir den Ent­schluss irgend­wo­hin zu gehen, wo es siche­rer für uns ist. In Ber­lin kamen wir zunächst bei einem Onkel mei­ner Frau unter, bevor wir als Asyl­be­wer­ber in die Zen­tra­le Auf­nah­me­ein­rich­tung nach Zirn­dorf geschickt wur­den. Für uns war es der schlimms­te Ort auf der Welt. Immer wie­der kamen wir in ver­schie­de­ne Ein­rich­tun­gen, haben in Con­tai­nern, in Kel­lern und in Zel­ten geschla­fen. Wir gaben uns in die­ser Zeit als Schwes­tern aus, da wir mit lau­ter Frem­den, mit Mus­li­men und kon­ser­va­ti­ven Men­schen auf engs­tem Raum zusam­men­leb­ten und uns so siche­rer fühl­ten. Trotz der Schwie­rig­kei­ten, haben wir nie an unse­rer Ent­schei­dung gezwei­felt. Unse­re Hoff­nung auf Frei­heit und Selbst­be­stim­mung hat uns immer vor­an­ge­trie­ben. Ich fin­de es noch immer trau­rig, dass Odes­sa, die­se wun­der­schö­ne Stadt am Meer, in der sich Tou­ris­ten tum­meln, kei­ne siche­re Hei­mat mehr für mei­ne Fami­lie war. Unse­re Toch­ter geht in Nürn­berg in die zwei­te Klas­se und fühlt sich sehr wohl. Sie hat vie­le Freun­de und ist ein fröh­li­ches Kind. Auch mei­ne Frau und ich haben Bekannt­schaf­ten geschlos­sen, die uns schon jetzt sehr ans Herz gewach­sen sind. In Nürn­berg kön­nen wir frei leben, uns ent­fal­ten. Die Men­schen sind offen, herz­lich und hilfs­be­reit. Bald möch­te ich als Foto­gra­fin selbst­stän­dig arbei­ten und im schö­nen Nürn­berg in Ruhe ein ganz nor­ma­les Leben füh­ren. Aber das Meer wer­de ich wohl immer vermissen.“

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„Es ist schon ver­rückt, wie sich die Wege von Men­schen manch­mal kreu­zen. Ich bin vor fünf Jah­ren über das Eras­mus-Pro­gramm der Euro­päi­schen Uni­on für ein Aus­lands­se­mes­ter nach Irland gegan­gen. Bis dahin habe ich noch bei mei­nen Eltern gewohnt und muss­te plötz­lich zum ers­ten Mal so rich­tig auf eige­nen Bei­nen ste­hen. Über eine Face­book-Grup­pe habe ich nach einem WG-Zim­mer gesucht und so auch mei­ne Freun­din Han­nah ken­nen­ge­lernt. Han­nah war zuvor wäh­rend ihres Deutsch­stu­di­ums wie­der­rum lan­ge Zeit in Bam­berg, wo ich VWL stu­die­re. Damals sind wir uns aber nie bewusst über den Weg gelau­fen. Ziem­lich wit­zig, wenn man bedenkt, dass wir jetzt seit über drei Jah­ren zusam­men sind. Eine Fern­be­zie­hung über eine sol­che Distanz ist zum einen schwie­rig, weil man sich im All­tag nicht sieht und ver­misst, auf der ande­ren Sei­te, ist die Zeit die man gemein­sam ver­bringt umso kost­ba­rer. Da wir uns inner­halb Euro­pas bewe­gen, sind die Flü­ge glück­li­cher­wei­se nicht all­zu teu­er und wir schaf­fen es meist, uns alle drei/vier Wochen zu sehen. Oft fah­ren wir auch gemein­sam in den Urlaub in ganz ande­re Län­der, machen ger­ne Trips mit dem Auto und grö­len zu Rock­songs oder träl­lern Dis­ney-Lie­der auf der Fahrt. Natür­lich möch­te ich nach mei­nem Stu­di­um mei­nen Weg gehen und frei Berufs­ent­schei­dun­gen tref­fen, ein gro­ßes Ziel ist aber, eines Tages im glei­chen Land zu lan­den, egal ob Irland, Deutsch­land oder ein ganz anderes.“

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“Mei­ne Freun­de und ich blick­ten in unse­rer Jugend immer sehn­süch­tig nach Deutsch­land. Wir träum­ten von der Frei­heit und den Ent­fal­tungs­mög­lich­kei­ten, die wir im kom­mu­nis­ti­schen Rumä­ni­en zu Zei­ten Ceau­ses­cus nicht hat­ten. Ich war Eng­lisch- und Deutsch­leh­re­rin und stell­ver­tre­ten­de Direk­to­rin einer Schu­le in Sibiu. Seit dem 12. Jahr­hun­dert lie­ßen sich in Sibiu (dt. Her­mann­stadt) deut­sche Sied­ler nie­der, was bis heu­te die Kul­tur und die Spra­che prägt. Als ich nach dem Sturz des rumä­ni­schen Dik­ta­tors 1989 mit mei­nen bei­den Töch­tern nach Nürn­berg zog, such­te ich als Allein­er­zie­hen­de einen Job, der uns finan­zi­el­le Sicher­heit bot. Ich schrieb dut­zen­de Bewer­bun­gen, als Über­set­ze­rin, Assis­ten­tin, Mit­ar­bei­te­rin in der Ver­wal­tung. Bei mei­nem ers­ten Bewer­bungs­ge­spräch wur­de ich zum Geschäfts­füh­rer eines mit­tel­stän­di­schen Unter­neh­mens in Nürn­berg ein­ge­la­den, um mich als Sekre­tä­rin vor­zu­stel­len. Das Gespräch über die Fir­ma, die Tätig­kei­ten und Erwar­tun­gen an mich lief gut, als der Mann im Anzug einen genau­en Blick in mei­ne Unter­la­gen warf und erstaunt frag­te: „Sie haben an einer Uni­ver­si­tät stu­diert? Aber sie kom­men doch aus Rumä­ni­en, oder nicht?“ Als ich ihn frag­te, war­um er mich zum Gespräch ein­ge­la­den hat­te, wenn er mei­ne Qua­li­fi­ka­ti­on anzweif­le, ant­wor­te­te er, dass er inter­es­siert war, wie „so eine Per­son“ tat­säch­lich sei. Er ken­ne Rumä­nin­nen nur als Haus­halts­hel­fe­rin­nen oder Pfle­ge­rin­nen und woll­te sehen, was hin­ter der Bewer­bung ste­cke. Er zeig­te sich über­rascht, dass man sich auf intel­lek­tu­el­lem Niveau unter­hal­ten kön­ne. Die Stel­le wur­de mir nie ange­bo­ten, in der Absa­ge stand, ich sei über­qua­li­fi­ziert für Art der Tätigkeit.”

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“Gos­ten­hof war nicht immer das ange­sag­te Vier­tel, das es heu­te ist. Als ich mit fünf Jah­ren mit mei­ner Fami­lie nach Gos­ten­hof kam, leb­ten hier vie­le Leu­te, die wenig Geld hat­ten, Flücht­lin­ge und Men­schen mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund. Wenn man hier auf­ge­wach­sen ist, wur­de man täg­lich mit sozia­len Pro­ble­men kon­fron­tiert, Mäd­chen wur­den früh schwan­ger und hin und wie­der lan­de­te jemand, den man kann­te, im Gefäng­nis. Um so wenig Zeit wie mög­lich zu Hau­se bei mei­ner gewalt­tä­ti­gen Mut­ter zu ver­brin­gen, spiel­te ich schon als Kind den gan­zen Tag mit mei­nen Freun­den drau­ßen auf den Stra­ßen. Auch als Jugend­li­che zogen wir durch die Gegend und hin­gen im Jam­nit­zer Park rum, neben uns kon­su­mier­ten Alko­ho­li­ker und Dro­gen­ab­hän­gi­ge. Ein­mal haben wir einen Mann leb­los im Gebüsch lie­gen sehen – ich glau­be er war tot. Das Leben war holp­rig vor­ge­zeich­net und ich dach­te ich wür­de es nie aus die­sem Hexen­kes­sel schaf­fen. Ich konn­te mir vie­le Din­ge nicht leis­ten, wie einen Besuch in einem Café zum Bei­spiel. Mit 13 Jah­ren bin ich von zu Hau­se aus­ge­ris­sen, kam in ein Heim und spä­ter in eine betreu­te Wohn­ge­mein­schaft. Hier gab es Men­schen, die sich um mich geküm­mert haben. In die­sem ruhi­ge­ren Umfeld konn­te ich mich auf die Schu­le und mei­nen Berufs­wunsch kon­zen­trie­ren. Vie­le, die heu­te mei­ne Geschich­te hören, sehen das Hap­py End und roman­ti­sie­ren mei­ne Erfah­run­gen. Ich habe mir mei­nen stei­ni­gen Weg aber nicht aus­ge­sucht. Ich muss­te mich durch­bei­ßen und schon als Kind auf eige­nen Bei­nen ste­hen. Das mag viel­leicht den Cha­rak­ter stär­ken, aber um wel­chen Preis? Heu­te gehe ich oft die Für­ther Stra­ße ent­lang, als Juris­tin habe ich regel­mä­ßig im Jus­tiz­pa­last zu tun. Wenn ich all die aus­ge­las­se­nen Müt­ter in Gos­ten­hof mit­tags im Café in der Son­ne sit­zen sehe, freue ich mich einer­seits, dass mehr Men­schen sich das nun erlau­ben kön­nen ohne den Cent zwei­mal umzu­dre­hen. Ande­rer­seits bedaue­re ich es auch, dass die Zeit ver­ges­sen lässt, wie hart es war hier aufzuwachsen.“

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“So lang­sam kom­men die Leu­te dahin­ter, dass nicht jeder Täto­wier­te zwangs­läu­fig Knas­ti oder See­fah­rer ist. Ich bin täto­wiert, gepierct, ‚sin­ge‘ in einer Metal-Band und dann betrei­be ich auch noch Kampf­sport. Dass ich aber den Groß­teil mei­ner Zeit damit ver­brin­ge, daheim mei­ne Kat­zen zu knud­deln, anstatt Tank­stel­len zu über­fal­len, über­rascht vie­le. Vor­ur­tei­le sind etwas ziem­lich Dum­mes. Das stel­le ich auch immer wie­der fest, wenn ich mit Leu­ten über mei­ne Arbeit spre­che. Ich bin seit vie­len Jah­ren in der Games-Bran­che tätig, war Chef­re­dak­teur eines B2B-Maga­zins und arbei­te nun als Pro­gramm­chef für eine der größ­ten Ent­wick­ler­kon­fe­ren­zen Euro­pas. Gam­ing ist mei­ne Pas­si­on, seit frü­hes­ter Kind­heit an. Obwohl es sich dabei um eine Mil­li­ar­den-Indus­trie han­delt, sind Spie­le für eini­ge nicht mehr als gewalt­ver­herr­li­chen­des „Gebal­ler“ oder lus­ti­ges „Gehüp­fe“. Games för­dern stra­te­gi­sches Den­ken, sind sozi­al­kri­tisch, immersiv, kunst­voll und wecken eine brei­te Palet­te an Emo­tio­nen. Ein fes­seln­des Game bringt mich öfter zum Lachen, Wei­nen oder Zit­tern, als so man­cher Kino­strei­fen. Wenn ich spie­le, las­se ich mich nicht nur berie­seln. Ich tau­che pro­ak­tiv in vir­tu­el­le Wel­ten ein, erfor­sche frem­de Land­schaf­ten und mys­te­riö­se Orte, löse Rät­sel und muss mich nicht sel­ten auch mora­li­schen Dilem­mas stel­len: Wie wür­de man in einem Kriegs­sze­na­rio über­le­ben, wem die letz­te Essens­ra­ti­on zutei­len? Fil­me neh­men uns die­se Ent­schei­dun­gen ab. Müs­sen wir sie selbst tref­fen, fühlt sich das mit­un­ter rich­tig mies an, selbst wenn es ‚nur‘ ein fik­ti­ver Umstand ist. Egal, ob Spiel, Film oder Buch: Nicht jedes Werk ist für jeden Rezi­pi­en­ten geeig­net. Ein The­ma, dass sich gera­de Eltern öfter zu Her­zen neh­men soll­ten, anstatt die Ver­ant­wor­tung auf den Gesetz­ge­ber abzu­schie­ben. Eine Form der Igno­ranz, die mich mit­un­ter wütend macht. Und wer weiß, viel­leicht wür­den sie auch ein Spiel fin­den, das ihnen Spaß macht.“

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“Schon als klei­nes Mäd­chen spiel­te ich lie­ber mit Jungs, ich lehn­te es ab, Kleid­chen zu tra­gen und hat­te mit Pup­pen nichts am Hut. Ich war nei­disch auf Jungs und frag­te mei­ne Eltern oft, war­um ich kei­ner sein konn­te. Mei­ne Mut­ter war bestürzt über die­se Fra­gen. Es fühl­te sich immer komisch an, „Cas­san­dra“ genannt zu wer­den und ich hat­te oft das Bedürf­nis mich zu ver­ste­cken. Nach dem Gym­na­si­um bin ich zur Bun­des­wehr gegan­gen. Ich hat­te den Traum Pilo­tin zu wer­den. Nach sechs Jah­ren Dienst­zeit als Offi­zier und vier Aus­lands­ein­sät­zen, wur­de ich vor­zei­tig auf­grund von Krank­heit aus dem akti­ven Dienst ent­las­sen. Eine Welt brach für mich zusam­men. Glück­li­cher­wei­se habe ich es aber auch als Chan­ce erkannt, mich nun optisch zu ver­än­dern. Mit 27 begann ich mein Geschlecht anzu­pas­sen, nahm Hor­mo­ne ein und fühl­te mich von Ope­ra­ti­on zu Ope­ra­ti­on ste­tig woh­ler in mei­nem nun männ­li­chen Kör­per. Tei­le mei­ner Fami­lie muss­te ich auf die­sem Weg zurück­las­sen. Mei­ne Mut­ter kam nie mit mei­ner neu­en Iden­ti­tät zurecht und wir haben so gut wie kei­nen Kon­takt mehr. Ich bin von Anfang an sehr offen mit mei­ner Geschich­te umge­gan­gen, habe mich nie ver­steckt. Mit mei­nem Insta­gram Pro­fil, auf dem ich viel über mich preis­ge­be und Fotos mei­ner Ent­wick­lung pos­te, will ich Mut machen und auf­klä­ren. Ich beant­wor­te aber auch ganz prak­ti­sche Fra­gen zur Funk­ti­ons­wei­se mei­ner Erek­ti­ons­pro­the­se oder zum büro­kra­ti­schen Auf­wand einer Geschlechts­an­pas­sung. Mei­ne Trans­for­ma­ti­on ist sicher­lich eine beson­de­re Geschich­te, ich defi­nie­re mich aber nicht allei­ne dar­über. Leben ret­ten, das ist es, was mich heu­te aus­macht und erfüllt. Zwar wur­de ich nie Pilot, als Not­fall­sa­ni­tä­ter im Ret­tungs­dienst und Pfle­ger auf der Inten­siv­sta­ti­on habe ich aber mei­ne Bestim­mung gefun­den und es inter­es­siert weder die Kol­le­gen noch die Pati­en­ten, wie ich frü­her aus­ge­se­hen habe.”

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“1945 muss­te ich über­stürzt aus mei­ner Hei­mat Tsche­chi­en flie­hen, da ich mit einem deut­schen Sol­da­ten ver­hei­ra­tet war. Mit Hil­fe mei­nes Vaters schlich ich mich mit­ten in der Nacht über die Gren­ze nach Deutsch­land. Ich kam nach Michel­au in Ober­fran­ken und grün­de­te hier mit mei­nem Mann eine Schrei­ne­rei. Der Anfang war für uns sehr schwer, wir muss­ten Tag und Nacht arbei­ten, um das Geschäft am Lau­fen zu hal­ten. Gera­de als der Betrieb erfolg­reich war, starb mein Mann Karl 1968. Ich leb­te noch vie­le Jah­re in unse­rem Haus in Michel­au, bis ich 2005 nach Nürn­berg in den Wohn­stift am Tier­gar­ten kam. Beim Aus­zug aus mei­nem Haus stand ich wei­nend im Hof, als ich zusah, wie das gro­ße Auto mein über­schüs­si­ges Mobi­li­ar zer­klei­ner­te, mei­ne Hab­se­lig­kei­ten ver­la­den wur­den und sich das Haus leer­te. Mei­ne gelieb­ten Fotos habe ich aber in mein neu­es Zuhau­se mit­ge­nom­men. Jetzt bin ich froh, dass es so kam, denn hier zu leben ist sor­gen­frei­er und ich kann mir vie­les leis­ten, was ich mir als jun­ge Frau nicht hät­te ermög­li­chen kön­nen. Kul­tur spiel­te frü­her für mich kaum eine Rol­le. Wir hat­ten so viel mit dem Geschäft zu tun und konn­ten nicht nach Coburg ins nächs­te Thea­ter fah­ren. In den letz­ten Jah­ren ent­deck­te ich aber das gro­ße kul­tu­rel­le Ange­bot in Nürn­berg. Gemein­sam mit einem Freund hier aus dem Wohn­stift besuch­te ich das Thea­ter und die Oper, war bei einer Old­ti­mer-Fahrt dabei und sogar in einer Bur­les­que Show. Im Novem­ber wer­de ich 99 Jah­re alt. Ich den­ke aber nicht über mein Alter nach. Es gibt hier vie­le, die jam­mern jeden Tag über ihre Lei­den. Auch mir tun die Hän­de weh, auch ich sehe schlecht, aber ich den­ke gar nicht dar­über nach – das ist halt so. Ich will noch immer über­all dabei sein, wür­de nie­mals ein Kon­zert mei­ner Enke­lin ver­pas­sen und ich freue mich schon, die­ses Jahr auf der Hoch­zeit mei­ner zwei­ten Enkel­toch­ter zu tan­zen. Mei­ne Fami­lie um mich zu haben, für sie da zu sein, das hält mich jung und gibt mir Kraft.“

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„Seit ich vor ein paar Jah­ren in den Nor­den Nürn­bergs gezo­gen bin, fas­zi­niert mich der St. Johan­nis­fried­hof, nicht nur als Ort der Trau­er, son­dern auch als Ort der Ästhe­tik und Kul­tur. Die Fra­ge, wie wir mit dem Tod und unse­ren Ahnen umge­hen, ist für mich ein sehr wich­ti­ger Aspekt unse­rer Kul­tur und Iden­ti­tät. Dass ich mich mit mei­nem 35 Jah­ren schon so inten­siv mit dem Tod aus­ein­an­der­set­ze, ist sicher unge­wöhn­lich. Mit der Nürn­ber­ger Epi­ta­phien-Stif­tung set­ze ich mich für den Erhalt und die Pfle­ge die­ses ein­zig­ar­ti­gen Ortes ein, an dem Men­schen wie Dürer, Feu­er­bach und Pirck­hei­mer begra­ben wur­den. Als His­to­ri­ker fra­ge ich mich natür­lich beson­ders: Was haben die­se bedeu­ten­den Per­sön­lich­kei­ten dazu bei­getra­gen, das Nürn­berg heu­te ist, was es ist? Was kann uns die­ser Ort auch heu­te noch sagen? Neben Tod und Trau­er sehe hier auch so viel Freu­de und Posi­ti­ves. In der Kir­che fin­den Tau­fen und Hoch­zei­tet statt und auch ich habe hier mei­nen Mann gehei­ra­tet. Mit den lie­gen­den Grab­stei­nen, den kunst­vol­len Epi­ta­phien, den sorg­sam gepfleg­ten Blu­men­scha­len und blü­hen­den Rosen ist der St. Johan­nis­fried­hof auch ein­fach ein schö­ner Ort. In Nürn­berg ist man typi­scher­wei­se sehr beschei­den, macht kei­nen gro­ßen Wind um die Beson­der­hei­ten die­ser Stadt. Ande­re wür­den hier rich­tig ange­ben mit so einem außer­ge­wöhn­li­chen Ort. Ich den­ke, die Kul­tur­haupt­stadt ist eine tol­le Gele­gen­heit, allen Nürnberg*innen aber auch Besucher*innen zu zei­gen, was es hier schon Tol­les gibt und was uns ein­zig­ar­tig macht. Aus unse­rer Ver­gan­gen­heit her­aus kön­nen wir auch etwas Neu­es gestal­ten, das wir noch nie gewagt haben. In mei­nem Alter ist es schick, nach Moder­ni­tät zu stre­ben. Oft sind aber Din­ge, die einem zunächst über­holt und gest­rig vor­kom­men, gar nicht so alt­ba­cken und haben eine gro­ße Bedeu­tung für die Gegen­wart und die Zukunft.“

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